„Alexa – Was ist Künstliche Intelligenz?“

Veröffentlicht 07.12.2018
Geschätzte Lesezeit 7 Min.

Sebastian Evers Co-Chief Executive Officer, Vorstand d.velop AG

künstliche intelligenz

Künstliche Intelligenz ist derzeit in aller Munde! Vor allem in der aktuellen politischen Diskussion zieht das Thema immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Erst letzten Sonntag sprach unsere Bundeskanzlerin in Ihrem Video-Podcast davon, „dass für das wirtschaftliche Wachstum natürlich die Frage: ‘Wie gut ist ein Land im Bereich der Künstlichen Intelligenz?‘ von besonderer Bedeutung ist“. Dabei mahnt Angela Merkel eindringlich, „wenn wir [..] Wachstum haben wollen, [und] damit auch neue Arbeitsplätze und auch Wohlstand für uns alle, dann müssen wir vorne mit dabei sein im Bereich der Künstlichen Intelligenz“. Parallel dazu findet einen Tag später, am 03.12.2018, der zweitägige Digital-Gipfel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Nürnberg statt. Auch dieser steht – wie kann es anders sein – ganz im Zeichen der KI. Dort begreift man KI als „Megathema der Digitalisierung“ und sieht sich damit „auf dem Weg zu einer neuen Basistechnologie der Digitalisierung für die Gesamtwirtschaft“.

Dabei lieferte nstliche Intelligenz jahrelang vor allem Stoff für zahlreiche weltbekannte Science-Fiction-Filme wie Blade Runner, Matrix, Terminator oder ExMachina. Im Berufs- und Privatleben gehört die Interaktion mit KI-basierten Sprachassistenten wie Alexa oder Siri für viele längst zum Alltag. Und während Philosophen noch über die Auswirkungen der nstlichen Intelligenz auf dem Arbeitsmarkt und unsere Gesellschaft streiten, erkennt nun auch die Politik, dass Künstliche Intelligenz gekommen ist, um zu bleiben.

Bei aller Aufmerksamkeit für das Thema scheint es also kaum verwunderlich, dass es im Rahmen der Diskussionen über Künstliche Intelligenz immer wieder zu Missverständnissen über Umfang und Auslegung der Thematik kommt. Aus diesem Grund soll es Ziel dieses Blogartikels sein, ein grundlegendes Verständnis von Künstlicher Intelligenz und wichtiger Teildisziplinen zu vermitteln. Denn nur damit sind wir in der Lage, diese Technologie in ihrer Gänze zu begreifen und ihre immensen Chancen zukünftig gemeinsam zu diskutieren. Was also ist Künstliche Intelligenz?

Was versteht man unter Künstlicher Intelligenz?

Laut Alexa (und weiterer KI Experten) handelt es sich bei Künstlicher Intelligenz zunächst einmal um ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens befasst. Charakteristisch für Künstliche Intelligenz sind die selbstständige Problemlösung sowie die Lernfähigkeit.

Grundsätzlich wird zwischen starker Künstlicher Intelligenz (engl. „Strong AI“) und schwacher Künstlicher Intelligenz (engl. „Narrow AI“) unterschieden. Unter starker Künstlicher Intelligenz wird die Imitation menschlicher Denkprozesse verstanden. Charakteristisch für starke künstliche Intelligenz sind häufig Attribute wie Bewusstsein oder Empathie. Anders als bei der starken Künstlichen Intelligenz werden bei der schwachen Künstlichen Intelligenz Algorithmen für spezielle abgegrenzte Problemstellungen eingesetzt. Zum jetzigen Zeitpunkt verfügbare kommerzielle Softwarelösungen sind der schwachen Künstlichen Intelligenz zuzuordnen. Szenen wie im Film ExMachina, in dem die Grenzen zwischen den menschlichen Protagonisten und Künstlicher Intelligenz unter der Hülle eines Roboters verwischen, müssen somit (noch) dem Genre Science-Fiction zugerechnet werden.

Maschinelles Lernen als Teildisziplin der Künstlichen Intelligenz

Maschinelles Lernen kann als Teildisziplin der Künstlichen Intelligenz begriffen werden, die durch Lernprozesse Zusammenhänge in bestehenden Datensätzen erkennt, um darauf aufbauend Vorhersagen zu treffen. Wo Softwareentwickler bislang die Lösung von Aufgaben explizit in Form von Code (vorgegebene Verarbeitung) ausdrücken mussten, können Aufgaben mit Hilfe des maschinellen Lernens durch selbstlernende Verfahren gelöst werden.

ki programmieren

Ein praktisches Beispiel für maschinelles Lernen ist die Erkennung von Objekten wie Flugzeugen, Autos oder Motorrädern auf Bildern. Für die Unterscheidung dieser Objekte müssen Softwareentwickler nicht explizit spezifizieren, dass ein Flugzeug Tragflächen, Propeller oder ein Cockpit besitzt. Stattdessen wird ein entsprechender Algorithmus mit vielen verschiedenen Bildern von Flugzeugen, Autos oder Motorrädern trainiert und dieser erlernt so, wie sich diese Objekte voneinander unterscheiden.

machine learning
Quelle: https://www.eff.org/de/ai/metrics#Vision

Grundsätzlich wird beim Maschinellen Lernen zwischen Supervised Learning, Unsupervised Learning und Reinforcement Learning unterschieden. Im Fall von Supervised Learning wird ein Algorithmus mit „beschrifteten“ Daten trainiert, wie beispielsweise mit Bildern von Flugzeugen, Autos oder Motorrädern, um anschließend eigene Entscheidungen im Hinblick auf die Identifizierung dieser Objekte auf unbekannten Bildern treffen zu können. Ansätze des Unsupervised Learnings basieren darauf, Muster in bestehenden Daten zu finden. Einem Algorithmus wird also nicht auf Basis beschrifteter Daten mitgeteilt, ob es sich um Bilder von Flugzeugen, Autos oder Motorrädern handelt, sondern der Algorithmus bildet eigene Kategorien für eine Klassifizierung der Daten. Das sogenannte Reinforcement Learning verfolgt das Ziel, mit Hilfe einer zu maximierenden Anreizfunktion für ein gegebenes Problem, eine optimale Strategie zu finden. Zum Beispiel kann ein auf Reinforcement Learning basierender Algorithmus durch Sanktionierung und Belohnung von Zügen, Spiele wie Schach oder Go erlernen.

Fortschritt im Bereich KI nimmt rasant zu

Skeptiker im Hinblick auf Künstliche Intelligenz könnten nun anführen, dass das alles nicht neu sei und es sich lediglich um eines dieser Themen handle, das schon bald durch den nächsten Hype abgelöst wird. Zunächst einmal ist es korrekt, dass die von vielen KI-Experten angeführte Geburt der Künstlichen Intelligenz, im Rahmen des im Jahr 1956 stattgefundenen „Summer Research Project on Artificial Intelligence“, bereits einige Jahrzehnte in der Vergangenheit liegt. Allerdings konnten seitdem, und insbesondere in den letzten Jahren, signifikante Fortschritte auf den Gebieten Big Data, Cloud Computing, Deep Learning sowie der Verfügbarkeit von Open-Source-Bibliotheken für maschinelles Lernen erzielt werden.

Ein Beispiel für die Fortschritte des maschinellen Lernens sind die Entwicklungen im Bereich der Bilderkennung. Auf Basis der freien Bilddatenbank ImageNet, die aus über 14 Millionen Bildern besteht, findet einmal im Jahr die Weltmeisterschaft der Bilderkennung (ImageNet Large Scale Visual Recognition Challenge) statt. Wie der nachfolgenden Abbildung entnommen werden kann, liegt die Fehlerrate bei der Erkennung von Objekten auf Bildern der ImageNet Bilddatenbank durch maschinelles Lernen aktuell bei weniger als vier Prozent und damit unter der Fehlerrate des Menschen, die bei ca. fünf Prozent liegt. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 lag die Fehlerrate des maschinellen Lernens noch bei über 30 Prozent und somit deutlich über der des Menschen.

Quelle: https://www.eff.org/de/ai/metrics#Vision

Wie bereits angerissen, sind Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz auf Deep Learning – als Teildisziplin des maschinellen Lernens – zurückzuführen. Deep Learning verwendet Künstliche Neuronale Netzwerke mit mehr als zwei Schichten als Grundlage, die stärker von einer großen Zahl an Trainingsdaten (Big Data) profitieren, als einfache Algorithmen des maschinellen Lernens. Künstliche Neuronale Netzwerke basieren auf dem Vorbild der Abläufe im menschlichen Gehirn und versuchen über „biologisches Lernen“ nachzuvollziehen, wodurch gute Ergebnisse erzeugt werden können. Das Künstliche Neuronale Netzwerk, das 2014 die Weltmeisterschaft der Bilderkennung gewonnen hat, basiert zum Beispiel auf über 16 Zwischenschichten.

deep learning

Darüber hinaus ermöglicht Deep Learning Computern Sprache, Bilder und Videos zu verstehen und so mit Menschen zu interagieren.

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Einsatzszenarien von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen

Nachdem wir uns jetzt ausführlich den wichtigsten Teildisziplinen der KI gewidmet und damit die Grundlagen gepaukt haben, ist es nun an der Zeit, den Blick auf das zu lenken, was alle brennend interessiert: Wie kann KI eigentlich ganz konkret im Unternehmen eingesetzt werden?

Viele Informationen in Unternehmen liegen nur in Form von unstrukturierten Texten vor. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz lassen sich auch große Mengen unstrukturierter Texte strukturieren und klassifizieren. Ein Beispielszenario in Unternehmen ist die eingehende Korrespondenz (Posteingang). Künstliche Intelligenz ermöglicht es, die „Stimmung“ des Textinhalts eingehender Korrespondenz zu verstehen sowie Informationen wie die Kundennummer oder den Betreff zu interpretieren und so eine korrekte Verteilung der Korrespondenz vorzunehmen. So können beispielsweise eingehende Aufträge von Lieferantenrechnungen unterschieden werden und benötigte Informationen wie Artikelpositionen extrahiert werden, um diese für eine weitere automatisierte Weiterverarbeitung in ERP Systemen zu verwenden. Darüber hinaus können unstrukturierte Informationen aus ECM-Systemen genutzt werden, um mit Hilfe des Unsupervised Learnings entsprechende Kundencluster zu bilden, die als Ausgangspunkt für automatisierte Next Best Offer oder Churn Prevention Szenarien genutzt werden .

Nach jahrelangem Anschauungsuntericht in den Kinosälen dieser Welt, ist Künstliche Intelligenz heute also so greifbar wie nie. Wie zahlreiche Informations- und Dokumentenprozesse in Unternehmen heute und zukünftig von Künstlicher Intelligenz profitieren können, das lässt sich mitunter an innovativen und praxisnahen Beispielen auf dem d.velop forum 2019 in Berlin live erleben. Sofern Sie schon jetzt über das Thema diskutieren wollen, hinterlassen Sie gerne einen Kommentar.