§ 2b UStG sorgt für Handlungsdruck: Hilfestellung für die öffentliche Verwaltung

Veröffentlicht 25.01.2023

Udo Schillingmann Leiter Vertrieb, d.velop public sector d.velop

Verlängerung Umsetzung § 2b UStG

Durch Artikel 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 (BGBl. I S. 1834) wurde die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) fundamental geändert. Dabei wurde der § 2 Absatz 3 UstG – die einschränkende Kopplung an das KStG – aufgehoben und § 2b UstG neu in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Die Gesetzesänderung trat zum 1.1.2017 in Kraft. Gleichzeitig bekam die öffentliche Hand mit einer gesetzlichen Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020 – nachfolgend auch mit dem „Corona-Steuerhilfegesetz“ (§ 27 Abs. 22a UStG) bis zum 31. Dezember 2022 – Zeit für alle notwendigen interkommunalen Anpassungsprozesse. Der Übergangszeitraum wurde noch einmal bis zum 31. Dezember 2024 verlängert.

Was bedeutet § 2b UStG?

Die Regelung des § 2b UStG besagt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts für bestimmte Leistungen Umsatzsteuer abführen müssen. Laut dieser Bestimmung, weisen die jPdöR Unternehmereigenschaften nach § 2 Abs. 1 UStG auf, wenn sie selbstständig eine „nachhaltige Tätigkeit“ zur Erzielung von Einnahmen ausüben.

Gemäß § 1 Abs. 1 UStG unterliegen „alle Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt“ der Umsatzsteuer. Die Umsatzbesteuerung von jPdöR war bis zu dem Zeitpunkt an die Körperschaftssteuer gekoppelt. Dies führte jedoch nur selten zu sogenannten umsatzsteuerbaren bzw. umsatzpflichtigen Leistungen. Andere durch die öffentliche Hand erbrachte Leistungen waren grundsätzlich nicht steuerbar. Mithilfe der Anordnung sollen seitens der öffentlichen Verwaltung marktrelevante, privatrechtliche Leistungen nach den gleichen Grundsätzen erbracht werden, wie von den anderen Marktteilnehmern.

Die Übergangsfrist und Verlängerung bei § 2b UStG

Die neue Gesetzesänderung war mit dem Datum des Inkrafttretens am 1. Januar 2017 grundsätzlich direkt anwendbar. Jedoch brachte diese Neuregelung für alle Kommunen einen beträchtlichen Aufwand mit sich. Denn die positiven sowie negativen Auswirkungen dieser gesetzlichen Änderung mussten in kürzester Zeit eingehend analysiert, zum Teil komplexe Vertragsbeziehungen sachmäßig bewertet und Betriebsprozesse angepasst werden. Darauf reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung einer Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2021.

Demnach konnten die jPdöR beim Finanzamt erwirken, bis zum besagten Datum nach dem alten Recht behandelt zu werden. Durch die Übergangsfrist erhielten öffentliche Verwaltungen mehr Zeit, die bestehenden Prozesse und Strukturen zu analysieren und die teils vielschichtigen Leistungsaustauschbeziehungen neu zu bewerten. Dennoch: Aufgrund der besonderen Situation im Zuge der Covid-19 Pandemie im Jahr 2020 sind die Vorbereitungen zur Umsetzung der Neuregelung des § 2b UStG bei den Kommunen ins Stocken geraten. Aus diesem Grund wurde die bisherige Übergangsregelung zu § 2b UStG in § 27 Absatz 22 UStG mit dem Beschluss des sogenannten „Corona-Steuergesetzes“ um weitere zwei Jahre – bis zum 31. Dezember 2022 – verlängert.

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde die Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b Umsatzsteuergesetzes (UstG) für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts bis zum 31.12.2024 verlängert.

Leistungen und Vertragsbeziehungen müssen nach § 2b UStG bewertet werden

Eine der Herausforderungen besteht darin, alle Auswirkungen der gesetzlichen Änderungen zu erfassen und zu bewerten. Weiterhin müssen alle Leistungen und Vertragsbeziehungen so aufgeschlüsselt werden, dass eine Erhebung und Beurteilung im Sinne des § 2b UStG möglich wird. Auch diverse Einnahmen müssen überprüft werden, ob sie von der Umsatzbesteuerung nach den neuen Grundsätzen des § 2b UStG betroffen sind. Um negative steuerliche Folgen für die Kommunen abzuwenden, müssen gegebenenfalls auch die bestehenden Verträge neu verhandelt werden.

Vertragsmanagement als erfolgskritischer Faktor bei der Umstellung

Ein wichtiger Schritt in Richtung rechtssichere Umstellung ist die Implementierung eines ganzheitlichen Vertragsmanagements in der öffentlichen Verwaltung. Das dauerhafte Management von Papierverträgen kann allerdings eine Menge Herausforderungen und vor allem Risiken mit sich bringen, wie zum Beispiel:

  1. Die gesetzlichen Vorschriften werden nicht eingehalten
  2. Nicht jede Abteilung hat den gleichen Informationsstand
  3. Das Auffinden von Verträgen gestaltet sich schwierig
  4. Die Verträge bergen inhaltliche Risiken
  5. Ganze Verträge oder ihre Bestandteile gehen verloren
  6. Die Fristen und relevante Aufgaben werden versäumt
  7. Der Bearbeitungsprozess ist mangelhaft
  8. Der Genehmigungs-/Freigabeprozess ist nicht immer transparent
  9. Eine revisionssichere Archivierung kann nicht immer gewährleistet werden

Viele kommunale Verwaltungen arbeiten bis heute täglich mit Verträgen in Papierform. Das bedeutet, dass die Verträge in den verschiedenen Fachämtern „verstreut“ liegen. In diesem Fall müssen die Dokumente zuerst gesammelt und anschließend einzeln steuerlich begutachtet werden: Ein enormer Zeitaufwand, welchen es künftig zu vermeiden gilt.

Digitales Vertragsmanagement mit § 2b UStG-Prüfung: So behalten Sie alle Pflichten im Blick

Einsatz von Vertragsmanagement-Software in der öffentlichen Verwaltung

Um die täglichen Herausforderungen des Vertragsmanagements auf das Minimum zu reduzieren und das Risiken von Gesetzesverstößen zu vermeiden, bedarf es einer intelligenten Vertragsmanagement-Software. Die Software unterstützt standortunabhängig jeden Fachbereich der Organisation über den gesamten Vertragslebenszyklus hinweg:

Infografik Phasen des Vertragslebenszyklus
Phasen Vertragsmanagement
  1. Anbahnung
  2. Erstellung
  3. Prüfung und Freigabe
  4. Unterzeichnung
  5. Erfüllung
  6. Kündigung oder Verlängerung

Das Vertragsmanagement-System gewährleistet einen vollständigen, zentralen und transparenten Überblick: über den Status aller Verträge, Vertragsverpflichtungen- und Beziehungen sowie alle aktuellen Vorgänge der Kommune. Auslaufende Verträge und die damit verbundenen Ausschreibungspflichten werden automatisch und zeitnah gemeldet. Mithilfe der Software können mögliche Vertragsredundanzen in verschiedenen Fachabteilungen der Verwaltung erkannt und beseitigt werden. Durch zentrale Workflows erhalten Arbeitsstände und Versionen mehr Transparenz. Vielfältige Analysemöglichkeiten erleichtern dem Anwender die Recherche und die Auswertungen.

Alle Phasen eines Vertragslebenszyklus gibt es ausführlich in unserem Artikel zum Thema „Vertragsmanagement-Prozess verbessern? Erst durch Digitalisierung möglich!“ nachzulesen.

Und so wird die Vertragsprüfung gemäß §2b UStG konkret umgesetzt:

Folgende Vorteile bietet eine intelligente Vertragsmanagement-Software im Einzelnen:

  • Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden eingehalten
  • Alle Fachbereiche arbeiten standortübergreifend mit identischem Informationsstand
  • Die Verträge sind schnell standortunabhängig für alle Fachbereiche verfügbar
  • Die Verträge bergen keinerlei inhaltliche Risiken mehr
  • Weder Verträge noch Vertragsinhalte gehen je verloren
  • Das System meldet aktiv bevorstehende Fristen, Aufgaben und Vertragsoptionen
  • Der schnelle Bearbeitungsprozess spart zeitaufwändige Recherche
  • Der Genehmigungs-/Freigabeprozess ist transparent
  • Eine revisionssichere Archivierung ist gewährleistet

Mit der Implementierung eines vollumfänglichen Vertragsmanagement-Systems wird der Überblick über alle relevanten Vorgänge standortübergreifend behalten. Es gewährleistet mehr Sicherheit und Kontrolle. Dennoch bedarf die intelligente Software einer signifikanten Erweiterung, wenn es darum geht, nach der Übergangsfrist den Anforderungen im Sinne des § 2b UStG gerecht zu werden.

Digitales Vertragsmanagement mit Erweiterung nach § 2b UStG Prüfung

Die Neuregelungen im UStG für die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts können mithilfe einer Software berücksichtigt werden. Eine Checklistenerweiterung ermöglicht den qualifizierten Anwendern selbst nach § 2b UStG zu prüfen.

Eine entsprechende Checkliste wurde in Zusammenarbeit zwischen der d.velop, der d.velop public sector und den Experten der BDO Concunia GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (ehemals Concunia GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft) entwickelt. Die steueroptimierte und gleichzeitig betriebswirtschaftliche Beratung öffentlicher Verwaltungen bildet eines der Sachgebiete des Spezialisten für die kommunale Steuerberatung.

So funktioniert die Vertragsprüfung nach § 2b UStG Prüfung

Nach dem Anlegen eines Vertrags in der Vertragsmanagement-Software werden entsprechende Fachbereiche der Kommune über das neue Dokument automatisch informiert. Dies kann die Finanzbuchhaltung oder die Steuerabteilung sein, welche den Vertrag anhand des § 2b UStG rechtssicher prüfen kann.

Vollständige Checklisten

Folgende Informationen kann der Anwender in der Checklistenerweiterung erfassen:

  1. Produktbereiche
  2. Leistungsbeziehung der Kommune
  3. Vertragspartner
  4. Vertragsart
  5. Vertragsgegenstand
  6. Umsatzsteuer
  7. Bemessungsgrundlage
  8. Steuerschuldner / Zahlungsschuldner
  9. Vorsteuerabzug

Eine Standardisierung der Fragestellung erleichtert das spätere Arbeiten mit bestimmten Suchparametern in der Datenbank. Es besteht zudem die Möglichkeit, Passagen aus steuerlichen Gutachten und Stellungnahmen in ein Kommentarfeld hineinzukopieren oder Notizen hinzuzufügen. Zudem beinhaltet jede Frage ein Hilfe-Dialogfenster. Dort wird – wie in einem Glossar – erklärt, wann zum Beispiel eine Kommune sowohl Leistender als auch Leistungsempfänger ist.

Tipp: Alle Informationen, welche vom Prüfer in der Checkliste erfasst sind, werden im System als Suchkriterien in den jeweiligen Suchmasken angeboten.

Übersichtliche Prüfprotokolle für Mitarbeiter

Nach dem Speichern der Checkliste wird ein Prüfprotokoll als PDF-Datei generiert und in der Akte angezeigt. Der Prüfbericht kann jederzeit angepasst werden, wobei eine neue Version erstellt wird. So kann jeder berechtigte Anwender in der kommunalen Verwaltung den gesamten Versionsverlauf nach Bedarf abrufen.

Austausch der § 2b UStG Checkliste mit Wirtschaftsprüfer

Eine weitere wichtige Funktion der Software-Erweiterung ist die Markierung des Vertrags. Dieses signalisiert, dass die öffentliche Verwaltung die Unterstützung von einem Wirtschaftsprüfer benötigt. Hierzu kann direkt aus dem System heraus mit dem Wirtschaftsprüfer kommuniziert sowie die notwendigen Dokumente bereitgestellt werden.

Ob in eigenständiger Leistung oder mit Hilfe eines Wirtschaftsprüfers: Die Checkliste mit den erweiterten Funktionen unterstützt die kommunale Verwaltung ganzheitlich. Dem Anwender stehen wichtige Parameter zur Verfügung. Diese müssen beantwortet werden, um eine steuerliche Sicherheit in Bezug auf den neuen § 2b UStG zu erhalten. Durch die vollständige Bearbeitung der Checkliste protokolliert der Mitarbeiter außerdem, dass er sich mit dem Vertrag anhand des § 2b beschäftigt hat. Die Implementierung eines digitalen Vertragsmanagements mit einer Checklisten-Erweiterung kann die öffentliche Verwaltung grundlegend entlasten.

Fazit: Der Handlungsdruck für die öffentliche Verwaltung zur Umsetzung der Neuregelung des § 2b UStG ist groß

Bestehende Prozesse müssen bis zum 31. Dezember 2022 neu bewertet und dokumentiert werden, um auch künftig den umsatzsteuerlichen Anforderungen zu genügen.

Wer noch in unzähligen Schränken seines Fachbereichs nach Papierverträgen suchen muss, der sollte die verbleibende Zeit effizient nutzen. Es empfiehlt sich die Implementierung einer ganzheitlichen Vertragsmanagement-Software: Alle Verträge sind standortunabhängig verfügbar und eine revisionssichere Archivierung ist gewährleistet.

Ein Vertragsmanagement-System ist nur der erste Schritt in die „rechtssichere“ Richtung. Den Schritt weg vom steuerlichen Fehlerrisiko bildet eine intelligente Checkliste. Mit deren Hilfe können die Kommunen bestehende und neu angelegte Verträge anhand des § 2b rechtssicher prüfen. Nur so kann die drohende Verletzung der steuerlichen Pflichten und daraus resultierende Konsequenzen vermieden werden.