Der digitale Wandel findet auch in der Justiz einen Platz. Trotz der bisherigen Möglichkeiten des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) verläuft der Wandel zur digitalen Justiz bis dato eher schlecht als recht. Schon 2013 wurde das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs verabschiedet. Konkreter wurde es im Dezember 2020 mit dem Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten. Hierbei soll das eBO eine besondere Rolle einnehmen.
Die Abkürzung eBO steht für das elektronische Bürger- und Organisationspostfach. Es soll den Austausch elektronsicher Dokumente mit dem Gericht ermöglichen und damit ein sicheres Postfach für alle Verfahrensbeteiligte bieten.
Einen kleinen Überblick über den elektronischen Rechtsverkehr gefällig? Die wichtigsten Informationen zum elektronischen Bürger- und Organisationspostfach werden in diesem Artikel zusammengefasst dargestellt.
Warum soll das eBO eingesetzt werden?
Bürger:innen sowie Organisationen, Verbände, Unternehmen, aber auch andere Verfahrensbeteiligte sollen ab dem 01. Januar 2022 die Möglichkeit haben, am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen. Das Bundesjustizministerium (BMJV) versucht damit den Fortschritt der Digitalisierung voranzutreiben und nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) zu handeln. Der Gesetzesentwurf, welcher vom Deutschen Bundestag vorgelegt wurde, soll Aufschluss über eine mögliche Umsetzung geben und einen Rahmen für alle Beteiligten schaffen.
Elektronischer Rechtsverkehr 2.0 – Das steckt hinter dem neuen digitalen Postfach
Vielen könnte das eBO bekannt vorkommen, denn es ist nicht das erste digitale Postfach in der Justiz. Denn Verwandte des eBo sind unter anderem:
beA – besonderes elektronisches Anwaltspostfach
beN – besonderes elektronisches Notarpostfach
beBPo – besonderes elektronisches Behördenpostfach
Alle drei genannten digitalen Postfächer sind Komponenten der EGVP-Infrastruktur. Dabei steht EGVP für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach. Die EGVP ist damit eine Kommunikationsinfrastruktur, mit der seit 2004 authentifizierte Teilnehmer:innen mit Behörden und Gerichten Dokumente in elektronischer Form rechtswirksam übermitteln können. Damit wäre auch das eBO Teil dieser Kommunikationsinfrastruktur und würde weitere Verfahrensbeteiligte einbeziehen.
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Was bedeutet das für Bürger:innen, Wirtschaft und Verwaltung?
Der Gesetzesentwurf für das elektronische Bürger- und Organisationspostfach zeigt unter anderem auch den Erfüllungsaufwand für Bürger:innen, Wirtschaft und Verwaltung auf. Dabei sind sowohl die anfallenden Kosten als auch die durch die Digitalisierung eingesparten Kosten zu entnehmen. Um für alle Beteiligten eine möglichst schnelle Implementierung gewährleisten zu können, soll der Aufwand möglichst gering gehalten werden. Wie die vom Bundestag erwähnten Rahmenbedingungen aussehen, ist hier dargestellt:

So verläuft das Identifizierungsverfahren
Durch das Identifizierungsverfahren, welches durch die eID (elektronische Identität), eID-Karte oder durch den elektronischen Aufenthaltstitels durchgeführt werden kann, soll die Sicherstellung der richtigen Identität gewährleistet werden und die Erstellung von Fake-Accounts verhindern. Es ist zu erwähnen, dass zwar die Nutzung des eBOs für Bürger:innen kostenfrei sein wird, die Identifizierung beim Notar sich auf Kosten in Höhe von ungefähr 50€ belaufen werden. Dies ist jedoch aufgrund des Sicherheitsaspektes ein Must-Have.
Der Prozess der Postfachfreischaltung für zusätzliche Personengruppen wie zum Beispiel für Bürger:innen soll folgendermaßen ablaufen:
(1) Der Postfachinhaber durchläuft ein Identifizierungsverfahren
(2) Das Postfach wird anschließend durch eine Landesbehörde freigeschaltet
(3) Die Justizkommunikation wird mit den Verwaltungsportalen nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) verbunden
Und wofür der ganze Aufwand?
Der Grund für eine neue Möglichkeit der digitalen Kommunikation zwischen den Gerichten und den Akteuren ist die aktuell noch unzureichenden Optionen, alle Akteure eines Gerichtsprozesses in den Austausch einzubeziehen. Denn derzeit haben lediglich Anwälte:innen, Notare:innen und Behörden die Möglichkeit, durch elektronische Postfächer mit den Gerichten zu kommunizieren. Da jedoch noch weitere Teilnehmer:innen eine entscheidende Rolle spielen, z. B. Dolmetscher:innen oder auch Sachverständige, sollten diese Personengruppen ebenfalls die Möglichkeit haben, Dokumente digital einreichen und empfangen zu können. Denn bisher ist dies nur mittels einer qualifizierten elektronischen Signatur oder über den DE-Mail-Dienst möglich, welche in der Justiz, aufgrund struktureller Nachteile, nicht umfangreich genutzt werden.

Doch ist digitale Unterschrift nicht gleich digitale Unterschrift. Hier kann zwischen drei verschiedenen Formen unterschieden werden.
- Einfache elektronische Signatur
- Fortgeschrittene elektronische Signatur
- Qualifizierte elektronische Signatur
Aufgrund der unterschiedlichen Einsatzgebiete zeigen die einzelnen Formen differierende Stärken und Schwächen auf.
So profitiert der elektronische Rechtsverkehr durch das eBO
Dabei spielt nicht nur der Ausbau des ERV in der Justiz eine Rolle, sondern auch die Erweiterung des Nutzerkreises. Denn: Die aktuell an der Verfahrensbearbeitung digital teilnehmenden Personengruppen sind sehr heterogen, weshalb das eBO zu einem Ausbau von Teilnehmern am elektronischen Rechtsverkehr führen soll. Dadurch sollen Verfahren im nicht richterlichen Dienst effizienter bearbeitet werden und gleichzeitig anfallende Porto- und Druckkosten reduzieren. Durch die Einführung des eBO ergeben sich also folgende Vorteile:
- Zeit- und Kostenersparnis
- Möglichkeit der elektronischen Weiterverarbeitung
- Sichere und zuverlässige Übermittlung von Dokumenten
- Digitale Kommunikation jetzt auch mit Personengruppen, Unternehmen, Organisationen und Verbänden
- Effizientere Verfahrensbearbeitung
Die Benefits lassen auf eine neue Möglichkeit der digitalen Kommunikation hoffen, in der jegliche Prozessbeteiligte teilnehmen können. Jedoch ist der damit verbundene Aufwand nicht zu unterschätzen, denn durch die zahlreichen neuen Postfachinhaber ergibt sich besonders im Bereich der Identitätsprüfung ein hoher Arbeitsaufwand. Wie diese Herausforderungen des ERV in der Justiz bewältigt, wird spätestens zum Jahreswechsel erkennbar sein. Auch in Zukunft werden wir den Prozess der Einführung des eBO verfolgen und im d.velop blog über alle Neuerungen und Fortschritte berichten.