Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz für mehr Digitalisierung in der Pflege

Veröffentlicht 27.10.2022

Julia Schoenenberg Content Marketing Managerin d.velop

Beitragsbild Pflegepersonal-Stärkungsgesetz

Zu niedrige Personalschlüssel, eine unzulängliche Bezahlung und sowohl eine daraus resultierende dauerhafte Überlastung der Mitarbeitenden in der Pflege als auch Qualitätsverlust bei der Betreuung von Patienten:innen – dass die Pflegesituation in deutschen Krankenhäusern angespannt ist, ist seit Jahren zu spüren. Nun hat die Gesetzgebung reagiert, indem sie das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz verabschiedet hat. Hier erfährst du die wichtigsten Hintergrundinfos.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz soll Pflegesituation im Gesundheitswesen stärken

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) soll die Situation des Pflegepersonals in Krankenhäusern, Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege bedeutend verbessern. Das zum 1. Januar 2019 in Kraft getretene Gesetz soll zum einen eine bessere Personalausstattung und zum anderen bessere Arbeitsbedingungen für Pflegende erwirken.

Das PpSG erweitert zentrale Gesetze des Gesundheitssystems:

  • Krankenhausfinanzierungsgesetz, KHG: besteht seit 1972, regelt die Finanzierung von Krankenhäusern und hat die Aufgabe, die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
  • Krankenhausentgeltgesetz, KHEntgG: reguliert seit 2003 die Vergütung der von Krankenhäusern erbrachten vollstationären und teilstationären Leistungen.
  • Krankenhausstrukturgesetz, KHSG: unterstützte von 2016 bis 2018 die Strukturverbesserung von Krankenhäusern. Das neue PpSG soll die Maßnahmen des Krankenhausstrukturfonds fortführen.

Ambulant und stationär Pflegende am Limit

Dass sich dringend etwas ändern muss, zeigt sich beim Blick auf die Zahlen. Derzeit kommen laut dem BKK Dachverband auf eine Pflegekraft durchschnittlich 13 Patienten:innen, während beispielsweise in Norwegen ein:e Pflegende:r etwa fünf Personen zu versorgen hat. Experten:innen sind der Meinung, dass 80.000 Pflegende mehr eingestellt werden müssten, damit sich die Versorgungsqualität halten und die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden akzeptabel gestalten ließe.

So verwundert es nicht, dass Pflegefachkräfte sowohl im stationären als auch im ambulanten Setting zunehmend an Überlastung leiden, Krankenstände innerhalb der Belegschaften hoch sind und manche Pflegenden in Betracht ziehen, den Beruf zu wechseln oder dies sogar bereits getan haben.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz soll hier Abhilfe schaffen und umfasst Maßnahmen für die unterschiedlichen Bereiche der Pflege: ambulant, stationär und im Krankenhaus.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz im Krankenhaus

Das Gesetz sieht vor, dass in der Krankenhauspflege jede zusätzliche Pflegekraft finanziert wird. Außerdem werden Tarifsteigerungen voll refinanziert, ebenso Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr. Es entfallen der Eigenanteil der Krankenhäuser von zehn Prozent und die bislang geltende Obergrenze. Allerdings sind diese Mittel zweckgebunden, Überschüsse sollen an den Kostenträger zurückgezahlt werden.

Ein besonderer Fokus liegt auf der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Pflegende. Krankenhäuser haben die Möglichkeit, entsprechende Maßnahmen einzuführen und die Kosten hierfür an die Kostenträger weiterzugeben. Dies gilt für einen Zeitraum von sechs Jahren (bis 2024).

Weitere Änderungen durch das PpSG:

  • Investitionen in Ausbildungsstätten sollen gefördert und mehr Ausbildungsplätze in der Pflege ermöglicht werden.
  • Mit 50 Millionen Euro aus dem Pflegezuschlag für kleine Krankenhäuser in ländlichen Gebieten soll seit 2020 die Versorgung im ländlichen Raum gestärkt werden.
  • Die Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Krankenhausbereichen werden weiterentwickelt und auf weitere pflegesensitive Bereiche ausgeweitet. Werden diese Untergrenzen nicht eingehalten, drohen den Krankenhäusern Sanktionierungen.

Digitale Anwendungen, die zu strukturellen Verbesserungen der stationären Versorgung führen, werden ebenfalls mit Mitteln des Krankenhausstrukturfonds unterstützt. Hierzu können beispielsweise der Ausbau der telemedizinischen Vernetzung zählen oder auch die Einführung einer digitalen Patientenakte. Letztere ist ein wichtiger Schritt in der abteilungs- und berufsgruppenübergreifenden Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb einer Einrichtung. Sie sammelt und archiviert alle relevanten Daten und Unterlagen von Patienten:innen und macht die Daten jederzeit von überall her abrufbar. Sie ermöglicht aber nicht nur den Einblick in alle Daten, MRT-Bilder, Videos und vieles mehr – sie übernimmt über Schnittstellen (HL7/FHIR, DICOM, IHE, ArchiveLink) auch Dokumente aus anderen Systemen. Darüber hinaus ermöglicht sie den Datenaustausch mit anderen medizinischen und pflegerischen Einrichtungen sowie mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in stationären Pflegeeinrichtungen

Ein Sofortprogramm des PpSG ermöglicht die Schaffung von 13.000 neuen Stellen in stationären Pflegeeinrichtungen. So werden die zusätzlichen Stellen gefördert:

  • bis zu 40 Bewohnern:innen: 0,5 Pflegestellen
  • bis zu 80 Bewohnern:innen: 1 Pflegestelle
  • bis zu 120 Bewohnern:innen: 1,5 Pflegestellen
  • mehr als 120 Bewohnern:innen: 2 Pflegestellen

Können die Stellen nicht mit Pflegefachkräften besetzt werden, haben Einrichtungen die Möglichkeit, eine Pflegehilfskraft, die sich zur Pflegefachkraft ausbilden lässt, einzusetzen.

Um die Finanzierung zu unterstützen und zu verhindern, dass an anderer Stelle eingespart werden muss, zahlt die GKV jährlich pauschal einen Betrag an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung.

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in der ambulanten Pflege

Um die Situation von Pflegenden in der ambulanten Pflege zu stärken und den Arbeitsbereich attraktiver zu gestalten, sollen Rahmenbedingungen zur besseren Vereinbarung von Beruf und Familie geschaffen werden.

Für diesen Zweck werden bis 2024 bis zu 100 Millionen Euro jährlich zur Verfügung gestellt. So sind etwa „besondere Betreuungsbedarfe“, die über die gewöhnlichen Öffnungszeiten von Kindertagesstätten hinausgehen, förderfähig.

Nicht nur festangestellte Pflegende, auch pflegende Angehörige berücksichtigt das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz. Pflegenden Angehörigen fällt es häufig schwer, Rehabilitationsleistungen in Anspruch zu nehmen. Das PpSG soll hier Hürden aus dem Weg räumen, sodass die Angehörigen auf ärztliche Verordnung und mit Genehmigung der Krankenkasse sogar stationäre Aufenthalte in Rehabilitationseinrichtungen wahrnehmen können, wenn eine ambulante Reha ausreichend wäre. Um einen solchen Aufenthalt für die pflegenden Angehörigen noch weiter zu erleichtern, dürfen dann die Pflegebedürftigen für den Zeitraum ebenfalls in der Einrichtung betreut werden.

Weitere Änderungen durch das PpSG:

  • Tariflöhne gelten auch für die häuslichen Krankenpflege
  • Wegzeiten werden besser entlohnt
  • Für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 3 sowie für Menschen mit Behinderung werden die Taxifahrten zu einer ambulanten Behandlung vereinfacht (Genehmigung der Kassen nicht mehr notwendig).

Timeline des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes

Bereits Ende 2017 versprach die Politik einen Umschwung in der Pflege. Das PpSG wurde endgültig im November 2018 vom Bundestag verabschiedet und tritt zum 01. Januar 2019 in Kraft. Die gesamte Time des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes im Überblick:

Digitalisierung im Fokus dank PpSG

Außerdem hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Digitalisierung ein deutliches Potenzial zur Entlastung der Pflegefachkräfte birgt – sowohl in der ambulanten als auch der stationären Pflege. Mit digitalen Lösungen, wie etwa einer digitalen Patienten- und Bewohnerakte, Mitarbeiter-Apps und auch in der Dienst- und Tourenplanung ist es möglich, Arbeits- und Dokumentationsprozesse zu verschlanken und den Mitarbeitenden der Pflege wieder mehr Raum für ihre Arbeit am und mit dem Menschen zu geben.

Antragsdeadlines im Blick behalten

Um von den finanziellen Förderungen zu profitieren, solltest du die entsprechenden Stichtage für die Finanzierung zusätzlicher Pflegestellen, von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf sowie zur Digitalisierung in der Pflege beachten. Die Anträge richtest du an die zuständigen Pflegekassen. Der GKV Spitzenverband hat nützliche Links und Antragsformulare auf seiner Webseite bereitgestellt.

Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden verbessern, Kosten sparen und die Digitalisierung Ihrer Pflegeeinrichtung ganz entscheidend nach vorn bringen? Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) macht’s möglich!

Du hast Fragen, welche Digitalisierungsmaßnahmen für dein Krankenhaus oder deine Einrichtung in Frage kommen?

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