Arbeitsvertrag digital unterschreiben – immer auf der sicheren Seite oder gibt es Ausnahmen?

Veröffentlicht 18.06.2021
Geschätzte Lesezeit 4 Min.

Nils Bremann Rechtsanwalt/Lawyer Rechtsanwälte für StartUps, Gründer & digitale Geschäftsmodelle

Beitragsbild Arbeitsvertrag digital unterschreiben

Schnell, einfach, rechtssicher – immer mehr Unternehmen setzen auf die digitale Signatur. Die Entwicklung in Richtung papierloses Büro hängt unter anderem auch mit dem stärkeren Aufkommen von Homeoffice zusammen. Nur wenn die Dokumente digital vorliegen, ist das Bearbeiten von zu Hause und im Team möglich. Kann man auch den Arbeitsvertrag digital unterschreiben? Das klären wir in diesem Blog-Artikel.

Papierlos – auch der Arbeitsvertrag?

Arbeitsdokumente digital zu unterzeichnen, stellt für die meisten keine große Herausforderung dar. Doch wie sieht es speziell mit der digitalen Unterschrift beim Arbeitsvertrag aus? Reicht beim Arbeitsvertrag eine eingescannte Unterschrift oder müssen bei der digitalen Unterschrift vom Arbeitsvertrag spezielle Anforderungen beachtet werden? Ab wann ist beim Arbeitsvertrag die digitale Unterschrift gültig?

Arbeitsvertrag digital unterschreiben: gültig oder unzulässig?

Beginnen wir mit der wahrscheinlich wichtigsten Frage: Ist beim Arbeitsvertrag die digitale Unterschrift gültig? Die Antwort lautet: nein. Im Nachweisgesetz steht, dass beim Unterschreiben eines Arbeitsvertrags die handschriftliche Unterschrift notwendig ist. Jedoch entscheiden sich trotz alledem viele Unternehmen einfachheitshalber für die digitale Unterschrift, da aus ihrer Sicht die Risiken in der Praxis überschaubar sind. Zudem sei es grundsätzlich nicht verboten, Arbeitsverträge digital zu unterzeichnen. Letztendlich sei es nur eine Beweisfrage, welche Partei sich auf was berufen kann, wenn ein der Arbeitsvertrag nicht handschriftlich, sondern digital unterzeichnet ist.

Formfreiheit vs. Schriftformerfordernis

Das Schriftformerfordernis beschreibt die gesetzliche Pflicht, durch die Verträge, Urkunden und weiteres in schriftlicher Form vorliegen müssen. § 126a BGB hält die Anforderungen an eine Unterschrift fest, um einen Vertrag mit Schriftformerfordernis auch digital unterschreiben zu können. Insbesondere die Voraussetzung einer sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur (QES) ist in diesem Zusammenhang wichtig.

Bei der Formfreiheit entfällt sowohl die Pflicht zur schriftlichen Form als auch eine händische Unterschrift bzw. notarielle Beglaubigung. Somit gibt es auch keine Anforderungen an ein elektronisches Dokument samt Unterschrift. Damit ist sogar ein mündlicher Vertragsabschluss rechtlich gültig.

Gilt das für alle Dokumente rund um das Arbeitsverhältnis?

Viele Dokumente unterliegen dem Schriftformerfordernis, wodurch das Dokument nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur rechtsgültig unterschrieben wird. Bei einigen Dokumenten ist jedoch eine digitale Form des Vertrags rechtlich ausgeschlossen und es besteht eine Pflicht zur analogen Schriftform und zur händischen Unterschrift.

Dies gilt unter anderem für:

  • Beendigung (§623 ff. BGB)
  • Zeugnisse (§630 BGB, §109 GewO)
  • Wesentliche Vertragsbedingungen (NachwG)
  • Elternzeit (§16 Abs. 1 BEEG)
  • Betriebsvereinbarungen (§77 Abs. 2 BetrVG)

Insbesondere bei Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag führen Formverstöße zur Nichtigkeit und können zu gravierenden Folgen führen.

Die digitale Unterschrift im HR | Ein wichtiger Schritt zum Digital Workplace

Das große ABER: die Nachweispflicht

Wer bisher mit der Stirn gerunzelt hat, soll Recht behalten. Einen Arbeitsvertrag mit einer einfachen elektronischen Signatur zu unterschreiben, kann doch nicht rechtens sein? Nach §2 NachwG hat der/die Arbeitgeber:in spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Hier greift dann das Schriftformerfordernis. Und wie wir oben schon gelesen haben, ist eine digitale Unterschrift hier explizit ausgeschlossen. Der Nachweis zum Arbeitsverhältnis muss von der/die Arbeitgeber:in händisch auf Papier unterschrieben sein und dem/der Arbeitnehmer:in ausgehändigt werden.

Verstoß der Nachweispflicht – kein Arbeitsvertrag?

Die Gültigkeit des Arbeitsvertrages besteht auch bei entsprechender Nichterfüllung der Nachweispflicht. Allerdings besitzt der Arbeitnehmer bei Verstoß gegen § 2 NachwG einen Anspruch auf Nachholung der Nachweispflichten und ggf. sogar auf Schadensersatz. Das Schriftformerfordernis nach Abschluss eines mündlichen Arbeitsvertrages kann sich durch Tarifvertrag oder Gesetz (befristetes Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 4 TzBfG oder Ausbildungsvertrag nach § 11 BBiG) ergeben.

Arbeitsvertrag digital unterschreiben – die Vorteile

Schneller Vertragsabschluss

Die digitale Unterschrift ist vor allem eines: schnell. Der gesamte Prozess um den Arbeitsvertrag wird elektronisch abgebildet. Es entfallen Durchlaufzeiten durch Ausdrucken und Einscannen. Auch für den/die Vertragspartner.in entfallen diese Arbeitsschritte, wodurch die Rückmeldung in der Regel ebenfalls deutlich zügiger erfolgt. Das kann gerade bei heiß begehrten jungen Talenten der entscheidende Faktor sein, den zukünftigen Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Keine Medienbrüche

Schluss mit ausdrucken und einscannen: Die Personalabteilung erstellt den Arbeitsvertrag digital, unterschreibt diesen digital und versendet ihn digital. Der gesamte Prozess nimmt enorm an Geschwindigkeit zu und wird in nur einem Medium abgebildet. Gerade im Homeoffice ohne Drucker ist das eine Erleichterung für beide Parteien.

Papierloses Büro

Der Traum vom papierlosen Büro ist zum Greifen nah, auch wenn er wahrscheinlich nur sehr schwer erreicht wird. Denn tatsächlich gibt es einige Dokumente im Unternehmen, die im Original in Papierform vorliegen müssen. Ein Paar Dokumente wird es also immer auch auf Papier geben, aber abgesehen davon lassen sich viele andere Papierstücke einfach aus dem Büro verbannen. Dank digitaler Unterschrift gehört jetzt auch der Arbeitsvertrag dazu.

Vertrag ist nicht gleich Vertrag

In der Personalabteilung fallen täglich viele Dokumente an. Dazu gehören beispielsweise auch Arbeitnehmerüberlassungsverträge, Urlaubsanträge und Gehaltsabrechnungen. Diese Dokumente unterliegen nicht den gleichen rechtlichen Vorschriften wie der Arbeitsvertrag. Ob eine digitale Signatur oder beispielsweise die digitale Aufbewahrung möglich ist, ist je Vertrags- und Dokumentenart zu bestimmen. Eines schon vorweg: Es lassen sich noch viele weitere Dokumente rechtsgültig digital unterzeichnen und elektronisch archivieren. Lesen Sie mehr zur digitalen Unterschrift und dem papierlosem Büro.