Betriebsvereinbarung elektronische Gehaltsabrechnung: Warum diese für Arbeitgeber keine Pflicht, jedoch Notwendigkeit sein sollte

Veröffentlicht 29.07.2022

Jana Koss Marketing Managerin d.velop

Beitragsbild Betriebsvereinbarung elektronische Gehaltsabrechnung

Der Wunsch vieler Unternehmen ist es, durch eine digitale Gehaltsabrechnung ihre HR-Prozesse zu optimieren – sei es, um Kosten zu sparen oder die Digitalisierung im eigenen Unternehmen voranzutreiben. Die größte Herausforderung stellt dabei gar nicht die technische Umsetzung der elektronischen Gehaltsabrechnung dar, sondern besteht darin, die eigenen Mitarbeiter für die Umstellung auf elektronische Gehaltsabrechnung zu gewinnen.

Ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Implementierung der digitalen Gehaltsabrechnung ist die klare Information über das Geplante. Erkennen Mitarbeiter Nutzen und Zweck der digitalen Gehaltsabrechnung, fällt es ihnen leichter, diese zu akzeptieren. Die zentrale Maßnahme, um unternehmensweit Akzeptanz zu schaffen: Zeige den Mitarbeitenden, dass der Betriebsrat mit an Bord ist. Ein passendes Mittel kann in diesen Fall eine entsprechende „Betriebsvereinbarung elektronische Gehaltsabrechnung“ sein.

Was ist eigentlich eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat – dem Vertretungsorgan der Arbeitnehmerschaft. Dieser Vertrag begründet Rechte und Pflichten der beiden Parteien und formuliert verbindliche Normen für alle Arbeitnehmer eines Betriebes. Eine Betriebsvereinbarung muss schriftlich niedergelegt und vom Arbeitgeber und dem Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet werden.

Eine Betriebsvereinbarung gilt unmittelbar und zwingend (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG), wenn der Betriebsrat von Rechtswegen ein Mitbestimmungsrecht hat. Andernfalls kann diese auch „freiwillig” (§ 88 BetrVG) vereinbart werden. Die Betriebsvereinbarung tritt dabei immer zu dem vereinbarten Zeitpunkt in Kraft. Von ihren Wirkungen werden alle jetzigen und zukünftigen Arbeitnehmer des Betriebs und erfasst.

Was bedeutet die elektronische Zustellung von Gehaltsabrechnungen?

Eine Betriebsvereinbarung über Umstellung auf elektronische Gehaltsabrechnung regelt, dass die Zurverfügungstellung der monatlichen Gehaltsabrechnung ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgt.

Pflichten des Arbeitsgebers hinsichtlich Gehaltsabrechnung ergeben sich aus § 108 Abs. 1 S. 1 GewO. Der Paragraph begründet die einseitige Pflicht des Arbeitgebers, jedem Arbeitnehmer mit der Zahlung des Arbeitsentgelts eine Gehaltsabrechnung in Textform zu erteilen. Ob der Text auf Papier gedruckt oder in elektronischer Form übermittelt werden muss, ist hingegen nicht festgelegt. Spannende Details findest du im Blogartikel Recht auf Gehaltsabrechnung in Papierform.

Das ist bei der elektronischen Zustellung von Gehaltsabrechnungen zu beachten

Zur Wahrung der Textform muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, die Gehaltsabrechnung zu speichern und auszudrucken. Der Arbeitgeber muss deshalb vorsorglich sicherstellen, dass der Arbeitnehmer als Empfänger berechtigt ist, die Abrechnung tatsächlich am Arbeitsplatz abzurufen und auszudrucken (beispielsweise durch Employee-Self-Service). Achtung: Hierbei könne ein gesetzeskonformer Zugang der Abrechnung entsprechend nur dann angenommen werden, wenn ein Arbeitnehmer „zuvor ausdrücklich oder konkludent zu erkennen gegeben hat, dass er mit der elektronischen Übermittlung der Lohnabrechnung einverstanden ist“.

Die Gewerbeordnung § 108 Abrechnung des Arbeitsentgelts besagt, dass bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen ist. Dementsprechend sei die „bloße Zurverfügungstellung“ des Payslips in elektronischer Form aber „keine Erfüllung der Pflicht zur Erteilung einer Lohnabrechnung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB“.

Ein Arbeitgeber muss aus Sicht der Kammer die Abrechnung „so auf den Weg zum Arbeitnehmer bringen, dass sie so in seinen Machtbereich gelangt, dass er unter gewöhnlichen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen konnte“. Daran fehlt es, wenn die Arbeitnehmer nicht (z. B. per Mail) über neu eingegangene Dokumente informiert werden oder diese zugeleitet bekommen.

Die Gehaltsabrechnung enthält auch sensible Daten, unter anderem:

  • die Religionszugehörigkeit für den Kirchensteuerabzug
  • die Sozialversicherungsnummer des Arbeitnehmers

Daher muss hier sichergestellt werden, dass nicht unbefugte Dritte Einsicht in diese Daten nehmen können. Daraus folgt, dass die E-Mail zwingend verschlüsselt versandt werden muss (Art. 32 DSGVO).

Digitale Gehaltsabrechnung. Mitarbeiter:innen effizient und sicher erreichen

Hat der Betriebsrat ein Recht auf Mitbestimmung?

An dieser Stelle ist es wichtig zu verstehen, dass die Form der Gehaltsabrechnung weder Zeit, noch Ort oder Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte (§ 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG) betrifft.

Da die Form der Gehaltsabrechnung also weder Verhalten und Leistung des Arbeitnehmers noch die Gestaltung des Zusammenlebens bzw. Zusammenarbeitens der Arbeitnehmer im Betrieb betrifft, ergibt sich aufgrund von nicht einschlägigen Mitbestimmungstatgegenständen kein explizites Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in puncto Einführung der elektronischen Gehaltsabrechnung (falls nicht anders vereinbart). Das Ob und Wie der Erteilung einer elektronischen Gehaltsabrechnung obliegt also ausschließlich dem Arbeitgeber.

Obwohl der Betriebsrat auf Grundlage der Gesetzgebung kein explizites Mitbestimmungsrecht in Sachen elektronische Gehaltsabrechnung besitzt, muss der Arbeitgeber diesen dennoch unterrichten.

Der Arbeitgeber ist in der Pflicht, die Mitarbeiter zu unterrichten

Der Betriebsrat hat nämlich gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG die Aufgabe „darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze […] durchgeführt werden“. Der Arbeitgeber ist deshalb nach § 80 Abs. 2 S. 1 1. HS BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat „rechtzeitig und umfassend“ zu unterrichten.

Da Sinn und Zweck des § 108 Abs. 1 S. 1 GewO die Nachprüfbarkeit durch und die Nachvollziehbarkeit für den Arbeitnehmer ist, handelt es sich dabei um ein zugunsten des Arbeitnehmers geltendes Gesetz. Der Arbeitgeber hat somit den Betriebsrat über die Einführung und nähere Ausgestaltung der elektronischen Gehaltsabrechnung zu informieren.

Versäume dies also nicht, wenn du vorhast, die digitale Gehaltsabrechnung im eigenen Unternehmen umzusetzen. Um Streitigkeiten zu vermeiden und Rechtsverstöße zu verhindern, empfiehlt es sich daher, eine freiwillige Betriebsvereinbarung aufzusetzen.

Was sollte eine Betriebsvereinbarung zum Thema elektronische Gehaltsabrechnungen enthalten?

Damit die Einführung der digitalen Gehaltsabrechnung im Unternehmen erfolgreich abläuft, haben wir die wichtigsten Aspekte der Betriebsvereinbarung zusammengefasst.

Gründe und Ziele der Umstellung aus Sicht des Unternehmens schildern

Nenne die wichtigsten Gründe und Ziele der Umstellung , um das Verständnis der Mitarbeiter zu gewinnen. Zu diesen können Folgende zählen:

  • Die Bedürfnisse nach einer modernen und kostenschonenden Lösung
  • Zeitersparnis durch den Wegfall des manuellen Dokumentenversands
  • Digitalisierungsstrategie des Unternehmens bzw. Bedürfnis vom Papier wegzukommen
  • Bedarf nach einer umweltfreundlichen Lösung dank des eingesparten Papiers und CO₂

Rahmenbedingungen und Ablauf der Umstellung definieren

Lege die Rahmenbedingungen der Umstellung fest, um Fragen der Mitarbeiter vorweg zu nehmen. Sichere den Mitarbeitenden zu, dass die Lohn- und Gehaltsdokumente weiterhin monatlich ausgestellt werden und, dass keine inhaltlichen Änderungen mit der elektronischen Zustellung verbunden sind. Zudem bleibt der arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeitszeitpunkt ebenfalls unberührt.

Definiere die Sicherheitsaspekte des Abrufs der Gehaltsdokumente, indem:

  • die elektronischen Lohn- und Gehaltsdokumente nur durch den Arbeitnehmer selbst abgefragt werden können
  • weitere Sicherheitsaspekte der elektronischen Gehaltsabrechnung, wie Verschlüsselung sowie Zwei-Faktor Authentifizierung, erläutert werden

Mehrwerte gilt es zu kommunizieren

Teile unbedingt die konkreten Vorteile der elektronischen Gehaltsabrechnung der ganzen Belegschaft mit. Erwähne, dass dank der elektronischen Zustellung der digitalen Gehaltsabrechnung, jeder Mitarbeiter seine Lohn- und Gehaltsdokumente bereits in digitaler Form empfängt und gleichzeitig weniger Arbeit beim Abheften und Ablegen der Dokumente hat. Alle Dokumente können in einem persönlichen Online-Speicher zur Verfügung stehen, auf welchen zu jeder Zeit und von überall zugegriffen werden kann.

Fazit zur Betriebsvereinbarung elektronische Gehaltsabrechnung

Dem Arbeitgeber steht es grundsätzlich frei, zu einem von ihm gewünschten Zeitpunkt, die Form der Gehaltsabrechnung mit Wirkung gegenüber allen Arbeitnehmern auf die elektronische Gehaltsabrechnung umzustellen. Der Betriebsrat hat hier allerdings einen Anspruch auf rechtzeitige Unterrichtung nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 BetrVG, weil die Einführung einer digitalen Gehaltsabrechnung ohne Zustimmung des betroffenen AN wegen § 108 GewO und § 126 b BGB unzulässig sein dürfte.

Tipp: Halte als Arbeitgeber die Rahmenbedingungen der Umstellung schriftlich mittels einer Betriebsvereinbarung fest.