Alexander Bunk von der Bantleon im Interview über die 5 größten Hürden bei einem DMS Migrationsprojekt

Veröffentlicht 12.10.2021

Stefan Olschewski Senior Manager Corporate Communications d.velop

Hürden in einer Sporthalle als Symbol für Hürden bei einem DMS Migrationsprojekt.

Die Entscheidung für ein Dokumentenmanagement-System ist immer langfristig. Umso größer ist die Herausforderung, wenn dann doch ein neuer Anbieter her muss. Denn Hunderttausende geschäftsrelevante Dokumente migrieren sich nicht von allein revisionssicher in ein neues System. Alexander Bunk, Bereichsleiter IT bei der Bantleon, berichtet im d.velop Interview aus eigener Erfahrung, wie Unternehmen ein so umfangreiches Projekt am besten angehen – und welche Fehler zu vermeiden sind.

Anbieterwechsel hin zur Digitalisierung

d.velop blog: Bevor wir von Hürden sprechen, stellt sich zunächst einmal die Frage, warum man überhaupt ein Migrationsprojekt angehen sollte und auf einen anderen Anbieter wechseln, der sich um die Digitalisierung von Dokumenten und geschäftlichen Prozessen kümmert. Wie kam Bantleon auf die Idee für so ein ambitioniertes Projekt?

Alexander Bunk, Bantleon: Das Ganze kam im Betrieb in den letzten eineinhalb Jahren auf. Weil unsere alte oder jetzt noch bestehende DMS Lösung von der reinen technischen Basis her eher veraltet war und wir bei der Software nicht gesehen haben, dass sie sich weiterentwickelt. Die Oberfläche sieht aus wie vor 15 Jahren. Moderne Oberflächen, wie man es auch aus den Web-Anwendungen oder anderen aktuellen Anwendungen heutzutage kennt, waren da nicht sichtbar. Deswegen waren auch die Endanwender:innen selber nicht wirklich zufrieden mit dem ganzen System. Eine sehr hohe Komplexität, die wenig intuitive Oberfläche, Dokumente waren nicht so schnell auffindbar – all das sorgte für eine geringe Akzeptanz im Hause. Bei einer Umfrage unter allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat sich dieser Eindruck bestätigt. Das System also hat zwar seinen Zweck erfüllt, aber es hat sich nicht so schön nahtlos in die ganze Umgebung integriert.

Anzahl und Arten der zu migrierenden Dokumente

d.velop blog: Wie viele Dokumente sollten migriert werden und welche Arten sind das? Rechnungen? Personalakten? Spezifische Bantleon Informationen?

Alexander Bunk, Bantleon: Das haben wir als allererstes beim Workshop mit d.velop zusammen in Erfahrung gebracht. Zur Vorbereitung des Projekts haben wir eine detaillierte Auswertung gemacht an Dokumenten, wie viele insgesamt im System sind und aufgeschlüsselt nach Dokumententarten und wie viele einzelne Dokumente in den letzten Jahren überhaupt abgelegt wurden. Dabei hat sich auch herausgestellt, dass viele Dokumentarten, die früher mal genutzt wurden, jetzt so gut wie gar nicht mehr benutzt wurden. Da wurden in letzten zehn Jahren 15 Dokumente abgelegt. Insgesamt migrieren wir zirka drei Millionen Dokumente. Rund 2,8 Millionen davon sind Dokumente, die uns aus unserem ERP-System generiert worden sind, also Rechnungen, Gutschriften, Lieferscheine, die unterschrieben und dann eingescannt werden. Der Rest besteht vorwiegend aus Dokumenten, die irgendwann einmal manuell abgelegt wurden, zum Beispiel produktspezifische Bantleon-Dokumente, Laborberichte und so weiter.

Über Bantleon

Die Hermann Bantleon GmbH ist seit mehr als 100 Jahren der Schmierstoffspezialist aus Ulm. Ein mittelständisches Unternehmen mit ca. 250 Beschäftigten. Das Angebot deckt die gesamte Prozesskette der metallbearbeitenden Industrie ab: von der Bearbeitung des Werkstücks über das Reinigen bis zum Verpacken. Im Automotive Bereich unterstützt das Unternehmen Anlagen- und Maschinenbauer schon in der Konstruktionsphase.

Der schrittweise Ansatz bei der Umsetzung

d.velop blog: Wie setzt man so ein Projekt auf? Wie stellen Sie sicher, dass beim Wechsel der tägliche Betrieb nicht gestört wird? Das macht man ja nicht in einer Nacht.

Alexander Bunk, Bantleon: Genau, den großen Big Bang sollten wir da nicht machen und in einem Rutsch irgendwie alles umstellen. Deswegen haben wir auch zunächst angefangen, Integrationen zu unserem CRM zu schaffen, sodass die Anwender:innen einfach aus der bekannten Oberfläche heraus bequem auf Dokumente zugreifen können oder auch Dokumente ablegen können. Die Einstiegshürde ist so viel geringer. Das System wird nun Schritt für Schritt eingeführt werden. Das komplette Rollout können wir ohnehin nur vornehmen, wenn wir unser ERP-System Anfang nächsten Jahres auf Business Central umstellen. Darum wollten wir die Schnittstellen zu unserem aktuellen ERP-System nicht noch für ein halbes Jahr aufwändig anpassen, sondern werden parallel noch im alten Archivsystem arbeiten, bevor wir dann in Richtung d.velop Archiv migrieren. In anderen, ERP-unabhängigen Bereichen können wir aber schon jetzt sukzessive umstellen. Durch die Integration ins CRM können die entsprechenden Bereiche schon jetzt mit dem d.velop-System arbeiten und erste Erfahrungen in der Anwendung sammeln, sodass nicht die ganze Firma auf einen großen Schlag umgestellt werden muss. Wir haben parallel noch ein Microsoft Dynamics CRM als Legacy-System laufen, sind aber auch hier dabei, dieses in die Cloud zu migrieren. Und in dem Zuge wird auch der Teil des d.velop Archivs schon freigeschaltet, sodass zum Beispiel bereits unsere Kollegen:innen im Außendienst damit arbeiten und produktspezifische Dokumente von unterwegs aus ablegen können. Das alles ist einfacher, wenn man diese Schritte vorher in einem Digitalisierungs-Workshop festlegt.

d.velop blog: Ist das auch Ihre Empfehlung, um den Einstieg in ein Migrationsprojekt effizient zu gestalten?

Alexander Bunk, Bantleon: Das war auf jeden Fall eine gute Sache, um im Vorfeld die aktuelle Umgebung und den Status quo zu beleuchten, um mögliches Verbesserungspotenzial oder auch Entwicklungsschritte aus dem Workshop heraus aufgezeigt zu bekommen. Dieser gibt Antworten auf Fragen wie „in welchen Schritten machen wir uns später an die Realisierung“, „wann stellen wir auf das neue System um“ oder „welche Mehrwerte bringt das Projekt in welchen Bereichen“. Die Antworten helfen auch, die Bemühungen gegenüber diversen Stakeholdern zu verargumentieren.

d.velop blog: In ganz einfachen Worten: Was passiert eigentlich genau bei einer DMS-Migration?

Alexander Bunk, Bantleon: Wir haben zunächst nach dem initialen Workshop parallel zu unserem jetzigen System eine Testumgebung aufgebaut, in das bereits die Erkenntnisse aus dem Workshop eingeflossen sind. Zudem haben wir interne Umfragen durchgeführt, deren Ergebnisse ebenfalls berücksichtigt wurden. In enger Zusammenarbeit mit den einzelnen Bereichen haben wir dann gemeinsam mit d.velop dieses Testsystem passend zu unseren geänderten Anforderungen so aufgebaut, dass vor allem die geplanten Integrationen in unsere führenden Systeme vorbereitet waren. Die Strukturen mussten soweit vorhanden sein, dass sich die Mitarbeiter:innen im System zurechtfinden und einfach Dokumente klassifizieren und ablegen können. Das alles lief mit dem d.velop Team wirklich absolut reibungslos und unkompliziert.

Die Entscheidung für d.velop als Anbieter

d.velop blog: Warum haben Sie sich ausgerechnet für d.velop entschieden? Es gibt ja auch andere Anbieter von Dokumentenmanagement-Systemen am Markt.

Alexander Bunk, Bantleon: d.velop bot mit den Lösungen für Microsoft die optimale Integration in unsere Systemlandschaft. Wir setzen strategisch viele Microsoft-Produkte ein, auch die Microsoft 365 Cloud-Suite und SharePoint sind ein großes Thema bei der Bantleon und da ist d.velop einfach hervorragend integriert. Ebenso wichtig war uns die Integration in unser ERP-System als einfacher Aufruf über den Webbrowser, ohne dass irgendwo ein zusätzlicher Client installiert werden musste. So ist das Arbeiten ohne VPN-Tunnel oder wacklige Remote-Desktop-Verbindungen für alle Mitarbeitenden bequem ganz wie gewohnt möglich. Letztlich war ein großer Pluspunkt auch, dass das d.velop Team die Bantleon schon sehr lange betreut und sowohl die Menschen hier als auch die Systemumgebung sehr gut kannte. So dauern Abstimmungen nicht Tage oder sogar Wochen, sondern wir machen schnell ein paar Termine von jeweils einer Stunde oder einen Microsoft Teams-Call und schaffen es in dieser kurzen Zeit, echt tolle Sachen einzurichten, die dann auch noch reibungslos funktionieren. Also dafür von mir ein Daumen nach oben.

Die fünf größten Herausforderungen und Hindernisse

d.velop blog: Was sind für Sie die fünf größten Herausforderungen oder Hindernisse bei der Planung und Umsetzung des Migrations-Projekts gewesen und was können andere Unternehmen daraus lernen?

Alexander Bunk, Bantleon:

1.) Man sollte sich unbedingt im Vorfeld Gedanken machen, wie man gewachsene Strukturen durch das bisherige Dokumentenmanagement-System aufbrechen kann und darauf achten, auch wirklich alte Zöpfe abzuschneiden und nicht zwanghaft zu versuchen, alles mit dem neuen System so nachzubauen, wie es im alten war.

2.) Beziehen Sie die Mitarbeitenden über interne Umfragen in die Auswahl und Anforderungsgestaltung ein. Bei uns hat sich gezeigt, dass man das bisherige System als unübersichtlich empfand, das Berechtigungskonzept völlig intransparent war und Hintergrundprozesse nicht nachvollziehbar. So etwas ist immens wertvoll, um das neue System von Beginn an sauber aufzusetzen.

3.) Gute Argumente für das Projekt gegenüber der Geschäftsleitung können die Durchführung stark vereinfachen. Gemeinsame Workshops mit Mitarbeiter:innen, Projektteam und Hersteller sind sehr wichtig, um eine saubere Basis zu erarbeiten. Das hilft dann sehr dabei, die Entscheidung für die Einführung eines neuen DMS-Systems intern zu verargumentieren. Schließlich machen wir das nicht aus Jux und Dollerei von heute auf morgen, sondern um langfristig das Unternehmen solide im Zusammenspiel mit allen IT-Systemen zukunftssicher aufzustellen.

4.) Bloß nicht alles auf einmal wollen und machen! Wie schon erwähnt, haben wir von Anfang an geplant, die Schritte nacheinander zu gehen und nicht auf einen einzigen Tag der Produktivschaltung hinzuarbeiten. Man kann das natürlich machen. Aber wenn es keine Notwendigkeit gibt oder wenn es Bereiche gibt, die man losgelöst von anderen sehen und separat umstellen kann, sollte das auf jeden Fall in sauber geplanten Einzelschritten erfolgen.

5.) Billig ist nicht immer gut. Setzen Sie nicht auf den erstbesten Anbieter. Bei der Bantleon hat sich schnell gezeigt, wie wichtig fundiertes Know-how des Herstellers und die Nähe zu einem erfahrenen Projektteam ist. Sehr wichtig ist auch, dass der Anbieter nicht nur die eigenen Produkte kennt, sondern auch Erfahrung mit Drittprodukten wie dem CRM hat, in das sich die Lösung später integrieren soll. Bei uns war das mit Microsoft Dynamics 365 Business Central so. Da die d.velop-Experten sich auch hier auskennen, muss man nicht im Projektablauf eine dritte Partei hinzuziehen, sondern arbeitet effizient in agilen regelmäßigen Updates mit einem Kernteam an der Umsetzung. Das hat uns bei der Bantleon sehr geholfen, nicht für jeden Aspekt wieder jemand Neues mit ins Boot zu holen.

Aufbruch in den digitalen Eingangsrechnungsprozess auf Basis von Microsoft Dynamics ERP

Wer redet, dem kann geholfen werden.

Alexander Bunk, Bantleon: Abschließend kann ich sagen, dass es vor allem immens wertvoll ist, schon lange im Vorfeld, aber auch während des Projekts und in Zukunft intern eine Art „Taskforce“ zusammenzustellen, die regelmäßig monatlich nicht nur die Anforderungen der IT, sondern auch und vor allem der Fachbereiche an das System übereinanderlegen. Wir haben, nachdem wir das erste Testsystem mit einem Basisumfang aufgesetzt hatten, wirklich mit jedem Bereich gesprochen, sind die wichtigen Sachen durchgegangen, denn was hier relevant ist, ist tatsächlich komplett unterschiedlich. Je nachdem, ob ich jetzt jemanden aus der Buchhaltung frage, oder jemanden, der in der Produktion arbeitet oder im Logistikzentrum. Jeder hat natürlich ganz andere Anforderungen an das System oder ans tägliche Arbeiten. Es hat uns sehr geholfen wirklich alle Sichtweisen einzubeziehen.

Zukünftige Pläne nach Abschluss der Migration

d.velop blog: Was haben Sie in der Zukunft vor, wenn die eigentliche Migration abgeschlossen ist?

Alexander Bunk, Bantleon: Wir werden vor allem die vielen vorherrschenden manuellen Prozesse digitalisieren. Bei unseren Gesprächen kam unter anderem heraus, dass von Mitarbeitenden immer wieder die gleichen Dokumente und Dokumentarten am selben Ort abgelegt wurden. Hier wollen wir die Kollegen:innen entlasten und die sich immer wiederholenden Tätigkeiten automatisieren. Auch beim Input Management werden wir optimieren. Statt einzelne Scanner am Arbeitsplatz zu haben, werden zum Beispiel unterschriebene Lieferscheine zentral an einem Multifunktionsgerät gescannt, per Barcode ausgelesen und automatisch in der korrekten digitalen Akte ins d.velop Archiv abgelegt.

Der erste Schritt in die Digitalisierung

d.velop blog: Wie sollte ein Unternehmen starten und den ersten Schritt in die Digitalisierung gehen? Was ist Ihr Appell?

Alexander Bunk, Bantleon: Am besten erst einmal Teilprojekte oder irgendwo eingesetzte Insellösungen identifizieren, also Stellen in den täglichen Abläufen, an denen man Schritt für Schritt eine neue Lösung einführen kann, ohne den Big Bang zu vollziehen und mit einem Mal alle umstellen zu müssen. Und man sollte sich in jedem Fall Zeit nehmen und vielleicht doch lieber für einen gewissen Zeitraum im parallelen Betrieb mit zwei Systemen agieren, um vor allem den Mitarbeitenden die Umstellung zu vereinfachen. Hier ist es besser, in homöopathischen Dosen langsam vorzugehen. Umso nachhaltiger wird das Ganze dann am Ende funktionieren.