Prof. Dr. Peter M. Wald zur People Experience in Unternehmen

Veröffentlicht 29.09.2023

Prof. Dr. Peter M. Wald Professor für Personalmanagement HTWK Leipzig

Beitragsbild People Experience

Mitarbeitende mit einer hohen emotionalen Bindung zum Unternehmen sind produktiver, engagierter, haben weniger Fehltage und empfehlen ihren Arbeitsplatz weiter. Laut einer Studie von Gallup gaben über 80 % der Befragten an, dass sie eine geringe bis keine emotionale Beziehung zu ihrem Unternehmen besitzen. Höchste Zeit, etwas zu ändern! Eine positive People Experience bildet die Basis für die Transformation von Geschäfts- und insbesondere HR-Prozessen. Ein ganzheitliches Verständnis der Menschen als Mitarbeitende wie auch Privatpersonen ist dabei entscheidend für den Veränderungs- und Gestaltungserfolg von Human Resources.

Wir wollen näher in das Konzept der People Experience eintauchen und haben beim HR-Experten und HR-Blogger Prof. Dr. Peter M. Wald von der HTWK Leipzig nachgefragt: Welchen Einfluss hat die People Experience auf Geschäftsprozesse und warum sind digitale HR-Tools nicht mehr wegzudenken? Zudem gibt er konkrete Tipps, wie HR-Verantwortliche die People Experience für Mitarbeitende im Unternehmen erfolgreich gestalten können.

Die Herkunft von People Experience

d.velop blog: Wie genau definieren Sie „People Experience“? 

Prof. Dr. Peter M. Wald: Mit dem Begriff People Experience werden alle Erlebnisse und Erfahrungen beschrieben, die Mitarbeitende als Menschen in der Beziehung zu ihrem Arbeitgeber machen. Damit erfährt das Konzept Employee Experience eine konsequente Erweiterung, weil in den vergangenen Jahren deutlich geworden ist, dass sich die Erlebnisse und Erfahrungen von Mitarbeitenden in Unternehmen nicht von den weitergehenden Erlebnissen und Erfahrungen außerhalb der Arbeitstätigkeit trennen lassen. Im Gegenteil. Die Erfahrungen innerhalb und außerhalb der Arbeitstätigkeit beeinflussen sich in zunehmendem Maße. Es muss demzufolge darum gehen, alle Erfahrungen der Mitarbeitenden, auch in ihrer möglichen Wechselwirkung, bei der künftigen Gestaltung betrieblicher Angebote zu berücksichtigen.  

Von Customer Experience über Employee Experience bis zur People Experience

d.velop blog: Alles begann mit der Customer-Experience, woraus sich die Employee-Experience entwickelt hat. Nun kommt ein weiterer Ansatz mit der People Experience hinzu. Wie stehen diese Konzepte in Beziehung zueinander?

Prof. Dr. Peter M. Wald: Diese Konzepte bauen ganz klar aufeinander auf. Mit dem Customer Experience Konzept hat das Marketing dem Personalmanagement wichtige Impulse für die Entwicklung und Einführung neuer HR-spezifischer Konzepte geliefert. Wichtig ist jedoch, dass es bei Employee bzw. People Experience weniger um Kaufentscheidungen, sondern viel mehr um eine grundlegende und gelebte Entscheidung zur Bindung an und dem Engagement für eine Organisation geht. Im Sinne dieser Verbundenheit der Mitarbeitenden mit ihren Unternehmen braucht es eigene Impulse von HR, um das Konzept People Experience auf die besonderen Anforderungen des Personalmanagements auszurichten.

Infografik zeigt die Entwicklung von Employee Experience zur People Experience

d.velop blog: Warum ist Ihrer Meinung nach People Experience insbesondere für HR von so großer Bedeutung?

Prof. Dr. Peter M. Wald: Mit der Anwendung von People Experience Konzepten kann sich HR breiter aufstellen. Mit der damit verbundenen Sensibilisierung für die konkreten Erwartungen der vorhandenen und neu eintretenden Mitarbeitenden geht meiner Meinung nach die Forderung nach einer höheren Expertise beim modernen Design der Arbeitsbedingungen einher. Fragen der Resilienz und der mentalen Gesundheit können somit stärker adressiert werden. Damit kann die Reise der Unternehmen hin zu einer „Caring Company“ unumkehrbar werden. 

Mitarbeiterbindung und Mitarbeitendenzufriedenheit als relevante Erfolgsfaktoren

d.velop blog: Im Zuge der People Experience spielt die emotionale Bindung vom Mitarbeitenden zum Unternehmen sowie das Wohlbefinden im Arbeitsalltag eine zentrale Rolle. Inwiefern tragen Ihrer Meinung nach beide Aspekte zum Unternehmenserfolg bei? 

Prof. Dr. Peter M. Wald: Eine positive People Experience zahlt meiner Meinung nach auf nahezu alle Prozesse des Personalmanagements ein und betrifft somit nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern auch das Engagement der Mitarbeitenden und beeinflusst zunehmend auch die Arbeitgebermarke bzw. die Arbeitgeberattraktivität. Mitarbeitende, die ihr Unternehmen positiv erlebt haben, werden zufriedener sein, sich stärker engagieren, dies nach außen kommunizieren und empfinden auch stärker Gerechtigkeit und Wohlbefinden im Unternehmen. 

Mit People Experience Ansatz HR transformieren

d.velop blog: Welche Maßnahmen würden Sie Unternehmen empfehlen, um eine People Experience im Unternehmen aufzubauen?

Prof. Dr. Peter M. Wald:  Erst einmal muss es darum gehen, die bisherigen Erfahrungen mit den Maßnahmen zur Employee Experience zu verarbeiten und daraus Vorschläge zur Weiterentwicklung abzuleiten. Wurden in der Vergangenheit digitale HR-Lösungen angewandt dürften hier Einsichten zu den Erfolgsfaktoren der Einführung und Nutzung digitaler Tools vorliegen. Für die notwendige Akzeptanz braucht es Mitarbeitende und Führungskräfte als Pioniere. Communitys von HR-affinen Mitarbeitenden können vielfältige Einsichten zu spezifischen Fragen der People Experience im Unternehmen liefern. Bei allem sollte HR zum Vorreiter werden, um die sich bietenden Chancen für die weitere Professionalisierung und ein Upgrading von HR zu nutzen.  

Infografik zeigt, wie HR als digitaler Pionier im Unternehmen auftreten kann

Notwendigkeit digitaler HR-Lösungen 

d.velop blog: Sie sagten in der Frage vorab, dass digitale Tools für HR wichtig seien und die People Experience mitgestalten. Inwiefern wirkt sich die Digitalisierung von HR-Prozessen auf die Unternehmenskultur und das Miteinander aus?

Prof. Dr. Peter M. Wald: Die Digitalisierung kann sich positiv auf die Unternehmenskultur auswirken. Dies passiert jedoch nicht im Selbstlauf. Ohne die gezielte Einführung digitaler Werkzeuge, d.h. die Begleitung durch kommunikative Maßnahmen der Personalentwicklung, sind negative Wirkungen für die People Experience absehbar. Oft wird hier aus Sicht von IT und weniger aus der Perspektive der Mitarbeitenden gedacht. Eine rechtzeitige und kluge Kollaboration zwischen Personalern und HR-Techies kann helfen. Ansonsten bleiben die vielfältigen Chancen, die sich durch die Nutzung digitaler Hilfsmittel für neue Formen der Kollaboration, den Wissensaustausch und damit für die bereichsübergreifende Zusammenarbeit ungenutzt.

d.velop blog: Was passiert Ihrer Meinung nach, wenn sich Personalabteilungen nicht mit digitalen HR-Lösungen auseinandersetzen? Welchen Einfluss hat dies auf die People Experience?

Prof. Dr. Peter M. Wald: Personalbereiche können hier schnell den Anschluss verlieren. Andere Bereiche und HR-fremde Experten werden dann zum Gestalter mehr oder minder guter Erfahrungen der Mitarbeitenden. Personaler sollten als Treiber oder zumindest als Experte für Fragen der Aufgabengestaltung und der Mitarbeiterkommunikation agieren. Sie müssen die Erwartungen der Mitarbeitenden, auch was deren Einbeziehung bei der Einführung digitaler Tools betrifft, klar benennen und dafür Lösungen vorschlagen. Hinzu kommen die wachsenden Anforderungen hinsichtlich einer klugen „Learning Experience“, d.h. beim Up- und Reskilling der Mitarbeitenden. 

HR-Talk | 11.10.2023 | 11-12 Uhr

Wie digitale Lösungen zu einer positiven People Experience im Unternehmen beitragen

Weiterentwicklung People Experience

d.velop blog: Ein kurzer Ausblick: Wie entwickelt sich Ihrer Ansicht nach der People Experience Ansatz weiter?

Prof. Dr. Peter M. Wald: Für die meisten Unternehmen dürfte es erst einmal um die erfolgreiche Etablierung entsprechender Ansätze und die spätere Einführung passender Tools gehen. Künftig muss die Akzeptanz und der Erfolg der Employee Experience gemessen und gesteuert werden. Hierzu gehört es auch, über die Implikationen des Einsatzes von KI-Lösungen nachzudenken, weil deren Einsatz im Sinne der Beratung und Unterstützung von Mitarbeitenden in den verschiedenen Arbeit- und Lebenssituationen bestimmt zahlreiche neue Fragen aufwirft.