Hybrid Work: Das Ende der Präsenzkultur?

Veröffentlicht 04.01.2024

Dortje Janzen Online Marketing Managerin d.velop

Beitragsbild Hybrid Work

Die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert sich alle paar Jahrzehnte. War es 1825 noch normal, bis zu 82 Stunden in der Woche zu arbeiten, waren wir um 1900 in Deutschland bei einer 60-Stunden-Woche an 6 Tagen in der Woche angelangt. Erst zwischen 1956 und 1967 wurde der Übergang zum 2-Tage-Wochenende vollzogen und die Arbeitszeit in vielen Bereichen auf 40 Stunden verkürzt. Diese Veränderungen waren oft von Streiks und vielfältigen Aktivitäten der Gewerkschaften begleitet. Eines blieb: Die Arbeit fand in den allermeisten Fällen im Büro, in der Fabrik oder am gewohnten Arbeitsplatz statt. Erst mit der Einführung von Telearbeitsplätzen wurde es möglich, die gleiche Arbeit auch außerhalb dieses ersten Arbeitsplatzes zu verrichten. Hybrid Work scheint eine logische Weiterentwicklung dieser Bewegung zu sein und wird, wie mancherorts die 4-Tage-Woche, heiß diskutiert. Doch was genau ist Hybrid Work?

Was ist Hybrid Work?

Hybrid Work ist ein Ansatz, der darauf abzielt, die Vorteile von Präsenz- und Telearbeit zu kombinieren. Statt starre Rahmenbedingungen von Ort und Zeit vorzugeben, ermöglicht Hybrid Work den Mitarbeiter:innen, flexibel zwischen dem traditionellen Büro und der Möglichkeit, von verschiedenen Orten aus zu arbeiten, zu wechseln. Und manchmal auch die Arbeitszeit zu variieren. Diese Form der Arbeit ist mehr als eine vorübergehende Anpassung an die Herausforderungen der Pandemie. Sie stellt einen grundlegenden Wandel in der Art und Weise dar, wie und wo Arbeit erledigt wird.

Im Zentrum von Hybrid Work steht die geschickte Verschmelzung von Präsenzarbeit und Remote-Arbeit. Dies ermöglicht es den Mitarbeiter:innenn, an bestimmten Tagen im Büro zu arbeiten, um persönliche Interaktion und Teamarbeit zu fördern. An anderen Tagen haben sie die Freiheit, von zu Hause oder einem anderen Ort aus zu arbeiten. Diese Flexibilität eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten für die individuelle Arbeitsorganisation, sondern fördert auch die Effizienz und den Einsatz digitaler Technologien.

Ein zentraler Aspekt von Hybrid Work ist die Flexibilität für die Beschäftigten. Diese geht über die Wahl des Arbeitsortes hinaus und umfasst gegebenenfalls auch flexible Arbeitszeiten. Mitarbeitende haben die Möglichkeit, ihre Arbeit so zu gestalten, dass sie besser zu ihren persönlichen Lebensumständen und Produktivitätsphasen passt. Die Anpassungsfähigkeit dieses Modells trägt nicht nur zur Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen bei, sondern ermöglicht auch eine bessere Ausschöpfung des individuellen Potenzials.

Corona hat Hybrid Work mit Highspeed in die Unternehmen gebracht

Die COVID-19-Pandemie war zweifellos als ein entscheidender Beschleuniger für die Einführung von Hybrid Work. Die plötzliche Notwendigkeit, soziale Distanzierung einzuhalten und Lockdowns zu implementieren, zwang Unternehmen weltweit, ihre traditionellen Arbeitsmodelle zu überdenken – zumindest zeitweise. In diesem Kontext erwies sich Hybrid Work oder Remote Work als adäquate Antwort auf die unmittelbaren Herausforderungen.

Die Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, führte dazu, dass viele Unternehmen verstärkt auf einen Remote-Ansatz umstellten. Diese Anpassungen während der Pandemie dienten teilweise nicht nur als temporäre Lösung, sondern als Katalysator für eine Veränderung. Gleichzeitig förderte die Krise die zunehmende Digitalisierung von Unternehmen. Der verstärkte Einsatz von Technologien zur virtuellen Zusammenarbeit, damit Teams weiterhin effektiv zusammenarbeiten konnten, Videokonferenzen und digitalen Kommunikationsplattformen wurde zur Grundlage für hybride Arbeit und trug dazu bei, dass Unternehmen ihre Prozesse effizienter und flexibler gestalten konnten. So hat die Pandemie nicht nur den Wandel der Arbeitskultur beschleunigt, sondern auch die Digitalisierung als Schlüsselkomponente für die Zukunft der Arbeit etabliert und damit diesen nachhaltigen Wandel erst ermöglicht.

Von Präsenzarbeit bis zu Work from Anywhere – welche Freiheitsgrade gibt es?

Je nachdem, wie viel Freiheit und Vertrauen herrscht, gibt es verschiedene Abstufungen und neue Begriffe, die bei der Unterscheidung helfen sollen. Von oben nach unten gelesen betrachten wir die Arbeitszeit von Fest nach Vollflexibel. Mit festen Arbeitszeiten und einer klaren Präsenzstrategie sind wir dann z.B. bei einer Präsenzarbeit oder auch „Office classic“, im Bereich „Office First“.

Wenn dann Gleitzeit möglich ist, kann man dieses Arbeitsmodell als „Office semiflex“ bezeichnen. Je variabler die Wahl des Arbeitsortes ist, desto weiter nach rechts bewegen wir uns in der Tabelle. So kann eine vollkommen freie Wahl des Arbeitsortes bei festen Arbeitszeiten als „Work from Anywhere“ bezeichnet werden.

Ist dann noch die Arbeitszeit frei, sind wir im „Work from anywhere, anytime“. Tatsächlich ist für Teams hier auszutesten, wie Absprachen stattfinden können und ob eine komplette Asynchronität in der Arbeitszeit möglich ist. 

Infografik zeigt Hybrid Work in der Arbeitsmodell-Matrix

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Hybrid Work kann Freude bereiten – ist aber nicht für jeden etwas

Die Einführung von Hybrid Work bringt zweifellos eine Vielzahl von Vor- und Nachteilen mit sich, die je nach Branche und individuellen Arbeitsanforderungen unterschiedlich ausfallen können. Branchen, in denen persönliche Interaktion und Teampräsenz besonders wichtig sind, haben Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Hybrid Work oder können dieses Arbeitsmodell schlichtweg nicht realisieren. Beispielsweise ist in der Fertigungsindustrie oder im Gesundheitswesen die physische Präsenz unerlässlich. Herausforderungen für die Unternehmen könnten in der Sicherstellung einer effektiven Kommunikation und Zusammenarbeit liegen. Die Möglichkeit von Missverständnissen und verminderter Teamzusammenarbeit ist ein wesentlicher Nachteil. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl von Teams kann leiden, wenn hier nicht gezielt gegengesteuert wird. Für Arbeitnehmer:innen können Herausforderungen in der klaren Abgrenzung von Arbeits- und Freizeit liegen, was zu Überforderung und Überstunden führen kann.

Zudem hat nicht jede:r die Möglichkeit, ein gut ausgestattetes Büro zu Hause zu haben, aber selbst wenn dies der Fall ist, empfinden manche Menschen die Arbeit zu Hause als ablenkend – andere wiederum arbeiten besonders gerne von zu Hause aus, wenn eine hohe Konzentration erforderlich ist. Die Einstellung ist hier sehr individuell und sollte im Gespräch mit den Mitarbeitenden ermittelt werden, um ein passendes Modell zu finden (wenn Varianz möglich ist).

Trotz dieser Herausforderungen bietet Hybrid Work jedoch auch Chancen. Die Flexibilität, die Hybrid Work bietet, ermöglicht es Arbeitnehmer:innen, ihre Arbeit besser an individuelle Lebensumstände anzupassen. Das kann zu einer gesteigerten Zufriedenheit und Produktivität führen. Unternehmen können von einer größeren geografischen Vielfalt beim Recruiting profitieren und gleichzeitig Kosten für Büroflächen senken. Eine bessere Work-Life-Balance kann auch zu einer höheren Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit beitragen. Für einige junge Talente sind solche Arbeitsformen bereits selbstverständlich. Der Einsatz moderner Technologien zur Unterstützung hybrider Arbeitsformen ermöglicht, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und verteilte Teams besser zu integrieren.

Für die d.velop war der Weg zu Hybrid Work nicht weit

Bereits vor der Pandemie hatten einige Kollegen:innen Homeoffice-Vereinbarungen und hatten feste Tage, an denen sie remote arbeiteten. Da wir selbst im Bereich der Digitalisierung tätig sind, konnten wir durch das Nutzen unseres eigenen Dokumentenmanagement-System oder der elektronischen Signatur Software analoge Prozesse ad acta legen und hatten wenig Schwierigkeiten damit.

Wir nutzen mittlerweile eine Vielzahl von Tools, die uns die Arbeit erleichtern und die Zusammenarbeit angenehm machen. Während Corona hat die Belegschaft fast vollständig fully remote gearbeitet. In dieser Zeit haben wir gemerkt, dass wir auch gut funktionieren, wenn wir nicht alle im Büro sind. Unser Recruiting hat die Fühler weiter ausgestreckt. Durch unsere Tochtergesellschaften war das Arbeiten mit Kolleg:innen an anderen Standorten auch nicht so ganz neu, und so wurde der örtliche Umkreis, in dem nach neuen Mitarbeiter:innen gesucht wurde, nochmals ausgeweitet. Heute haben wir viele dezentrale Teams. Einige treffen sich an festen Tagen auf dem d.velop Campus oder in unseren Office Spaces – unsere Kolleg:innen in München oder im Großraum London sind digital immer dabei.

Ist Hybrid Work das Ende der Präsenzarbeit?

Die zunehmende Verbreitung von Hybrid Work wirft nicht nur die Frage auf, ob damit das Ende der traditionellen Präsenzkultur eingeläutet wird, sondern auch, wie sich diese Entwicklung auf die Arbeitskultur in den Unternehmen auswirken wird. Der Wandel hin zu hybrider Arbeit zeigt bereits, dass die starren Grenzen zwischen Büro- und Telearbeit verschwimmen. Dies könnte zu einem grundlegenden Wandel der Arbeitskultur führen: Der Fokus auf Ergebnisse statt auf „abgesessene Stunden“ könnte das nächste Thema sein, das die Arbeitswelt verändert. Die Diskussion über die 4-Tage-Woche ist bereits im Gange.

In den Unternehmen wird die Integration von hybrider Arbeit unweigerlich zu einer verstärkten Nutzung digitaler Technologien führen, um die Zusammenarbeit über verschiedene Standorte hinweg zu erleichtern. Die geringere Nutzung von Arbeitsflächen könnte dazu führen, dass Unternehmen ihre Büroflächen umgestalten und anpassen, um den veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden, wenn weniger Mitarbeiter:innen gleichzeitig im Büro anwesend sind. Gleichzeitig kann durch gezielte Teamtage das Zusammengehörigkeitsgefühl gefördert werden oder Projektarbeit, wie z.B. Workshops, gezielt an Präsenztagen durchgeführt werden. Dies kann z.B. durch die Gestaltung von Räumen für Kreativsessions oder in Bereiche für konzentriertes Arbeiten und Bereiche für Teamarbeit gefördert werden.

Die Unternehmen werden jedoch verstärkt darauf achten müssen, eine starke Unternehmenskultur aufrechtzuerhalten und den Teamzusammenhalt zu fördern, auch wenn die Mitarbeiter:innen räumlich getrennt arbeiten. Dies wird spezifische Maßnahmen erfordern. Gleichzeitig werden moderne Arbeitsmodelle aber auch ein Pluspunkt im Wettbewerb um junge Fachkräfte sein.

Hybrid Work könnte sich also als Katalysator für einen weiteren Wandel in der Art und Weise, wie wir arbeiten, erweisen. Die traditionelle Präsenzkultur wird nicht völlig verschwinden, aber sie wird höchstwahrscheinlich durch eine neue, flexiblere Arbeitskultur ersetzt werden. Unternehmen, die sich erfolgreich auf diese Veränderungen einstellen, könnten nicht nur ihre Effizienz steigern, sondern auch attraktivere Arbeitsplätze bieten und damit erstklassige Talente anziehen.