Die Akte als Aufbewahrungsort für Papiere hat eine lange Tradition. Bereits seit dem späten Mittelalter werden Akten geführt. Zu Beginn wurden die Papiere von Aktenzwirn zusammengehalten, bevor sich Anfang des 20. Jahrhunderts Ordner und Hefter etablierten. Und auch heute, mehr als 500 Jahre später, findet man die beliebten Akten in vielen Unternehmen und Organisationen. Dass eine Aufbewahrungsmethode, die bereits vor 500 Jahren genutzt wurde, nicht mehr zeitgemäß ist, sollte man nicht erklären müssen. Es wird also Zeit für die Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems (DMS). Aber auch bei der Einführung eines DMS spielen Akten eine zentrale Rolle, allerdings in digitaler Form.
Damit die Einführung eines DMS in erfolgreich abläuft, haben wir 3 Schritte zusammengefasst, die man beherzigen sollten. Mit diesen 3 Schritten vermeidest Du, dass vorhandene Probleme und Ineffizienzen digitalisiert werden.
1. Gute Vorbereitung ist die halbe Miete – Bestandsaufnahme und Zieldefinition
Zu Beginn müssen bestehende Strukturen auf den Prüfstand gestellt werden. Prozesse werden durchleuchtet und dokumentiert. Es findet eine Bestandsaufnahme und Zieldefinition verschiedener Bereiche statt.
Nutze Kennzahlen!
Um herauszufinden, wo das Unternehmen oder die Organisation aktuell steht und im zweiten Schritt Zielwerte zu definieren, hilft es Kennzahlen zur aktuellen Prozessqualität zu erheben. Diese liefern einen ersten Überblick über den aktuellen Stand und das Optimierungspotenzial hinsichtlich der Digitalisierung. Solche Kennzahlen können wie folgt aussehen.
- Zeitaufwand für das Erfassen, Einsortieren & Ergänzen je Dokument in Minuten
- Zeitaufwand für das Ablegen je Dokument in Minuten
- Zeitaufwand für das Durchsuchen je Akte in Minuten
- Anzahl Suchvorgänge je Tag
- Anzahl Reproduktionen/Kopien je Tag
- Zeitaufwand je Reproduktion/Kopie in Minuten
- Erzeugte bzw. verarbeitete Belegseiten/Monat
- Größe des Archivs in m²
- Monatliche Warmmiete für das Archiv
Durch die Erhebung der Kennzahlen ergibt sich eine erste Ausgangssituation, an derer sich Ziele ableiten lassen. Die Zielwerte sollten man am besten zusammen mit dem Softwarehersteller beziffern.
Durchleuchte aktuelle Strukturen!
Nur wenn die aktuelle Struktur im Unternehmen vollständig erfasst wird, lassen sich sinnvolle und erfolgversprechende elektronische Ablagestrukturen schaffen. Stichwort: digitale Aktenpläne.
DMS einführen: Startpunkt festlegen und Optimierungspotenzial identifizieren
Dazu muss der Papierfluss und die Struktur des Archivs genauestens durchleuchtet werden. Die Ausgangsfrage, die man sich dabei stets stellen sollten: Welche Dokumenten- und Aktenarten liegen im vor? Und wie wandern diese durch das Unternehmen/die Organisation bzw. von wem werden diese genutzt und/oder abgelegt? Der klare Vorteil dieser Vorgehensweise: Es kann leicht festgestellt werden, welche Abläufe und Aktenpläne am wenigsten effizient sind und wo dementsprechend das größte Optimierungspotenzial besteht. Anders ausgedrückt: Man erfährt, wo der Schmerz am größten ist. Dort ist der Startpunkt für die Umsetzung.
Vor der Konzeption des DMS: Erfassung der IT-Infrastruktur
Bevor die Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems starten kann, muss neben der Ablagestruktur die bestehende IT-Infrastruktur erfasst werden. Dies ist notwendig, um die optimalen digitalen Lösungen und Schnittstellen zu identifizieren. So entsteht eine perfekte Integration in die Bestandssysteme. Folgende Fragen helfen bei der Bestandsaufnahme.
- Wird ein ERP System verwendet? Wenn ja, welches?
- Ist eine Finanzbuchhaltungssoftware im Einsatz?
- Welches Betriebssystem wird verwendet?
- Welche Server sind vorhanden?
- Welcher E-Mail Dienst liegt vor?
- Wird eine Collaboration-Plattform verwendet?
- Wird ein CRM-System genutzt? Wenn ja, welches?
Tipp: Bereits in diesem Projektstadium sollten Sie Verantwortliche aus den jeweiligen Fachabteilungen einbeziehen. Sie wissen, welche Akten am meisten in Gebrauch sind und nach welchen Dokumenten am meisten gesucht wird.
Konzeptioniere zukünftige Ablagestrukturen in Form von digitalen Aktenpläne!
Digitale Akten fassen Dokumente und Dateien zusammen, die fachlich zusammengehören. Ganz ähnlich wie eine Papierakte. So findest Du ein Dokument in mehreren Akten wieder. Der große Vorteil: Ein Dokument lässt sich beliebig vielen Akten zuordnen, ohne physikalisch mehrfach zu existieren. Die Reproduktion und das ständige Kopieren haben ein Ende.
Konzeption: DMS einführen auf Basis der Bestandsaufnahme
Aber welche Dokumente sollen in welchen Akten zu finden sein? Und wer darf diese einsehen und bearbeiten? Dies gilt es in Aktenplänen zu definieren. Als Basis für die Konzeption der digitalen Aktenpläne dienen die Ergebnisse aus der vorigen Bestandsaufnahme. Stetige Hilfestellung: Der reale Ordner.
Wie die Konzeption eines Aktenplans im Genauen aussieht, erfährst Du im Blogartikel „Aktenplan erstellen: So funktioniert’s im digitalen Zeitalter„.
2. Einführung DMS – Die Implementierung des zukünftigen Prozesses
Nachdem eine Bestandsaufnahme erfolgt ist und klare Ziele definiert wurden, kann die Einführung beginnen. Die meisten Unternehmen und Organisationen implementieren den in der Grafik dargestellten Prozess, um ihr Papierarchiv zu verabschieden. Deshalb wird der Prozess folgend Schritt für Schritt erklärt.
1. Scannen & Klassifizieren
Um mit digitalen Akten zu arbeiten, müssen alle geschäftsrelevanten Dokumente aus dem Papierarchiv eingescannt werden. Wie funktioniert das am besten? Viele Unternehmen und Organisationen greifen an dieser Stelle auf externe Scan-Dienstleister zurück. Diese bieten neben dem Einscannen der Dokumente auch weitere Dienstleistungen wie das Abholen der Dokumente oder auch die datenschutzgerechte Vernichtung der Papier-Belege nach ihrer Digitalisierung an. Die Zusammenarbeit mit einem Scan Dienstleister bietet sich an, wenn große Mengen an Akten in kürzester Zeit digitalisiert werden sollen. Muss eine überschaubare Anzahl an Akten digitalisiert werden oder besteht kein Zeitdruck, kann intern Personal für das Einscannen der Dokumente abgestellt werden.
Einführung DMS: Checkliste zum Scan-Prozess
Neben der Digitalisierung des Papierarchivs wird das Scan-Szenario für den zukünftigen Prozess implementiert. Dabei müssen diverse Entscheidungen getroffen werden. Folgende Checkliste zum Scan-Prozess hilft Ihnen bei der Einführung Ihres DMS:
- Wie viele Dokumente werden in welchem Zeitraum gescannt?
- Sollen Dokumente einzeln eingescannt werden oder stapelweise verarbeitet werden?
- Welcher Scanner ist sinnvoll? Ein Arbeitsplatz- oder Massenscanner?
- Sollen Dokumente zentral oder dezentral eingescannt werden?
- Zu welchem Zeitpunkt sollen die Dokumente im Unternehmen eingescannt werden?
- Bei Eintreffen oder nach Durchlauf im Unternehmen?
Bei all diesen Fragen hilft es, einen erfahrenen Partner zurate zu ziehen. Dieser kann bewerten, welche Optionen am sinnvollsten sind.
Das muss die Software bei der DMS-Einführung können
Der ideale „Archivierungsprozess“ funktioniert nur mit einer geeigneten Scan- und Klassifizierungssoftware. Denn mit dieser werden die eingescannten Dokumente über eine intelligente Volltexterkennung (OCR-Erkennung) automatisch ausgelesen. Dadurch werden alle relevanten Informationen wie Kopf- und Positionsdaten erfasst. Anhand der ausgelesenen Daten kann eine Klassifizierung nach Dokumentenart erfolgen und der entsprechenden digitalen Akte zugeordnet werden. Auch Dokumente, die bereits auf digitalem Weg im Unternehmen eingehen, werden indexiert und klassifiziert und so der richtigen digitalen Akte zugeordnet.
Einordnung in digitale Aktenpläne
Im Prozessschritt Scannen und Klassifizieren hat sich gezeigt, dass neu eingescannte oder anderweitig hinzugefügte Dokumente vollautomatisch ausgelesen und anhand dieser Informationen selbstständig in bereits bestehende digitale Akten einsortiert werden. Die Zuordnung findet anhand der auf Ihren Bedürfnissen konzeptionierten Aktenpläne und den darin angegebenen Attributen statt.
Der digitale Aktenplan als zentraler Baustein der DMS-Einführung
Zeigt sich beim Auslesen der Dokumenteneigenschaften, dass keine passende Akte zum Ablegen des Dokuments vorhanden ist, werden auf Basis der erkannten Eigenschaften automatisch neue Akten erstellt, ohne dass man selbst tätig werden müssen. Dies ist dank der zuvor konzipierten Aktenpläne möglich.
Beispiel: Lieferantenakte
Mitarbeiter Mustermann gibt eine Bestellung auf. Beim Import des Dokuments aus dem ERP-System erkennt die Archivierungssoftware anhand der definierten Eigenschaften (z.B. Bestellnummer, Belegart. Belegdatum etc.), dass es sich um eine Bestellung handelt. Zeitgleich erkennt die Software, dass zu den Daten der Bestellung noch keine Akte vorliegt. Deshalb wird eine neue Bestellakte angelegt, in welcher die Bestellung nun zu finden ist. Im selben Schritt wird eine Lieferanten- und eine Lieferantenjahresakte erstellt. Denn ebenfalls der Lieferant war bis dato unbekannt. Wird erneut bei dem Lieferanten bestellt, wird eine weitere Bestellakte angelegt. Diese wird der schon bestehenden Lieferanten und Lieferantenjahresakte zugeordnet. Dabei wird ein Dokument nie reproduziert, es wird lediglich verknüpft. Es liegt also nur einmal im Archiv vor, ist aber in allen relevanten Akten zu finden.
Da für Unternehmen und Organisationen nicht nur ein digitaler Aktenplan konzipiert wird, findet eine solche automatische Erstellung und Zuordnung von Akten im Idealfall für alle Dokumente statt.
Archivierung
Deine digitalen Akten inklusive aller Dokumente werden automatisch, revisionssicher und in langfristig verfügbaren Dateiformaten archiviert. Die Herausforderung bei der digitalen Archivierung ist es, Informationen so zu speichern, dass sie erstens unveränderbar und zweitens auch nach Jahren oder Jahrzehnten noch lesbar sind, selbst wenn die Applikation, in der sie erstellt wurden (z. B. irgendein Textverarbeitungsprogramm) schon lange nicht mehr existiert. Lange war TIFF das dominierende Dateiformat im Bereich der Langzeitarchivierung. Mit steigenden Anforderungen an den Aufbau der Dokumente haben sich allerdings schnell einige Nachteile des Formats herauskristallisiert. Das PDF/a Format hat sich mittlerweile weltweit als Standard für die Langzeitarchivierung durchgesetzt.
Beschäftigt man sich mit der Archivierung von Dokumenten, stößt man schnell auf den Begriff der Revisionssicherheit. Was hinter diesem Begriff steckt und wie man Revisionssicherheit erreichen kann, haben wir bereits in einem anderen Blogartikel zusammengefasst. (Zum Artikel)
Arbeiten mit digitalen Akten
Die Einführung eines DMS erleichtert Mitarbeitenden den Arbeitsalltag. Viele nützliche Funktionen sorgen dafür.
Schnelle Suche
Digitale Akten lassen sich sehr viel leichter durchsuchen als ein Papierarchiv. Durch eine Volltext-Verschlagwortung können alle Dokumente nach Stichworten durchsucht werden. Man findet in Sekundenschnelle, wonach man sucht. Dabei kann man eine Einfeldsuche verwenden oder man stellt sich Suchmasken individuell nach den eigenen Wünschen zusammen.
Einfaches Bearbeiten
Digitale Akten stehen in der gewohnten Arbeitsoberfläche (z.B. Word, Outlook, SAP) jederzeit auf Knopfdruck zur Verfügung: Du kannst sie also ohne Medienbruch weiterverarbeiten. Änderungen lassen sich vornehmen und ganz einfach abspeichern.
Smarte Zusammenarbeit
Mit digitalen Akten ist man nicht mehr lokal an eine digitale Akte gebunden. Ob der Kollege im Nachbarbüro oder die Mitarbeiterin der Zweigstelle – jeder kann ganz einfach auf die digitalen Akten zugreifen und mit Dir an diesen arbeiten. Die in den Aktenplänen definierte Rechtestruktur sorgt dabei dafür, dass jede Personen nur die Informationen erhält, die sie benötigt. Dokumente und Aufgaben können zudem ganz einfach über das System versendet werden. Eine Benachrichtigung im Postkorb des Systems und im E-Mail-Postfach sorgt dafür, dass die betroffene Person auch wirklich mitbekommt, dass ein Dokument geteilt wurde.
Prüfen auf einen Blick
Alle Dokumente und Informationen zu einer Akte lassen sich auf einen Blick einsehen. So kann leicht geprüft werden, ob die Informationen in einem Dokument richtig sind. Mit einem Klick kann die Freigabe erteilt werden und das Dokument wird revisionssicher abgelegt.
Direkte Ablage
Dokumente lassen sich in nur wenigen Klicks ablegen. Falls gewünscht, direkt aus den eigenen Bestandssystemen. Die Zuordnung in die richtige Akte passiert automatisch anhand der ausgelesenen Eigenschaften. Man kann sie aber auch jederzeit manuell ablegen.
3. Etablierungsphase
Die Software ist implementiert, alle Prozesse laufen, die digitalen Akten liegen vor. Projekt abgeschlossen, oder? Nicht ganz! Denn die Einführung digitaler Akten bringt nur wenig, wenn Mitarbeitende nicht mit diesen arbeiten. Aber wie motiviert man Mitarbeitende für die Arbeit mit digitalen Akten?
- Binde Mitarbeitende aktiv in das Projekt ein: Stelle zu Beginn ein Projektteam mit Verantwortlichen auf, die in jeder Phase aktiv dabei sind. Informiere die restliche Belegschaft über alle Phasen hinweg, wo das Projekt steht, wie es läuft und welchen Nutzen man sich verspricht.
- Schule! Buche Schulungen beim Softwareanbieter selbst. Lass Mitarbeitende zu Profis im Umgang mit der Software werden. So können die Profis weitere Mitarbeitende anlernen.
- Begeistere! Zeige Mitarbeitenden die Mehrwerte im täglichen Arbeiten. Beschreibe die nützlichen Funktionen. Betreibe Marketing: Erfolgsstorys, Tutorials, Gruppen in sozialen Medien sind hier hilfreiche Maßnahmen.
- Erkenne die Fans der Software im Unternehmen/der Organisation und nutze diese als Influencer.
- Höre zu! Durch aktives Zuhören erkennt man schnell die Fans der Software und kann diese aktiv unterstützen. Auch werden Dir so kritische Stimmen zu Ohren kommen, die sich frühzeitig entkräften lassen. Durch aktives Zuhören können sich ebenfalls interessante Verbesserungsvorschläge ergeben.
Die dezidierte Analyse der Bestandsstruktur, die Erfahrung eines starken Partners und die wohlüberlegte Konzeption, sorgen für die bestmögliche Einführung eines DMS im Unternehmen oder einer Organisation. Dennoch: In der Konzeption kann es passieren, dass nicht alle Anwendungsfälle des täglichen Arbeitens bedacht werden. Ein DMS ist kein einmal aufgesetztes Konstrukt. Anpassungen, aber auch Ausbaustufen, sind jederzeit möglich. Zeigen sich sinnvolle Optimierungen, sollten diese umgesetzt werden. Denn so wird das System noch effizienter und entspricht mehr und mehr den individuellen Bedürfnissen.
Die Roadmap zur Digitalisierung: Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems in 6 einfachen Schritten!
Exkurs: Ausbaustufe Workflow
Mit der Einführung eines DMS hast Du die perfekte Basis, um langfristig alle Prozesse im Unternehmen zu digitalisieren und in weiten Teilen zu automatisieren. Es lassen sich sogenannte Workflows für verschiedene Bereiche implementieren. Besonders beliebt: der Rechnungsworkflow.