Digitalbeirat gestaltet die Digitalstrategie der Stadt Erkelenz mit

Vor zwei Jahren hat die Stadt Erkelenz einen Digitalbeirat gegründet. Das Ziel: Die digitale Zukunft der Stadt Erkelenz gestalten. Dieses Gremium, bestehend aus 5 Bürgerinnen und Bürgern, 5 Gewerbetreibenden und einer Fachkraft der Stadt, identifiziert und priorisiert seitdem kommunale Digitalthemen. Sebastian Bohmann, Chief Digital Officer der Stadt Erkelenz, und Alexander Tober, Sachbearbeiter Digitalisierung bei der Stadt Erkelenz, haben den Digitalbeirat bei den d.velop public sector days 2023 in Kassel vorgestellt.

Bürger:innen an kommunaler Digitalisierung beteiligen

Seit der Gründung treibt die Stadt Erkelenz eine nutzerorientierte Digitalisierung kommunaler Dienstleistungen voran und setzt diese als digitale Kommune kontinuierlich um – mit der Methodik des kommunalen Digitalbeirats. Dabei handelt es sich um ein Gremium, das in Deutschland noch relativ neu ist. In Erkelenz soll es den Menschen bei Digitalisierungsbestrebungen der Stadt in den Mittelpunkt stellen. „Es ist dazu da, die Bürgerinnen und Bürger eng an den Ideen zu beteiligen, die wir zum Thema digitale Stadt haben“, erklärt Sebastian Bohmann, Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Erkelenz.

Ein Umdenken in Erkelenz

Doch wie kam es dazu? Und wie nahm die Idee in Erkelenz Fahrt auf? „Ganz am Anfang gab es zwar eine Idee, aber überhaupt keine Digitalisierungsstrategie“, blickt Bohmann zurück. Dafür gab es bald ein großes Problem. Denn: „Als die Stadt Erkelenz die Digitalisierung zu ihrem Ziel erklärt und das ‚Team Digitalisierung‘ gegründet hat, kam unmittelbar die Corona-Pandemie auf“, schildert er. Das Thema Digitalisierung, fasst der CDO zusammen, habe sich daraufhin zunächst sehr stark binnenfokussiert abgespielt.

Es ist dazu da, die Bürgerinnen und Bürger eng an den Ideen zu beteiligen, die wir zum Thema digitale Stadt haben.

Sebastian Bohmann
Chief Digital Officer (CDO)
Stadt Erkelenz

Das Zielbild steht: die transparente Bürgerkommune

Als sich die Lage eines Tages entspannte, stellte man bei der Stadt Erkelenz fest: Wir haben noch immer keine Strategie. „Das war der erste Punkt, den es anzugehen galt“, erinnert sich Sebastian Bohmann. „Der zweite Punkt bestand in der Priorisierung der städtischen Digitalisierungsaktivitäten.“ Und dazu bedurfte es eines neutralen Blicks von außen. Der Blick auf angestrebte Digitalisierungsmaßnahmen „war nämlich sehr von der Innensicht geprägt“. Hinzu kam der Wunsch, im Zuge der Digitalisierung die Transparenz des Verwaltungshandelns für die Bürger:innen zu steigern. „Es ging darum, die internen Arbeitsweisen für alle sichtbar zu machen“, erläutert Sebastian Bohmann. Das Zielbild, welches die Stadt bereits im Vorfeld als Vorsatz formuliert hatte, war klar: die Weiterentwicklung der Bürgerkommune.

Digitalisierung und Bürgerbeteiligung miteinander verschmelzen

Die Stadt Erkelenz stand nun vor der Herausforderung, die Dimensionen Digitalisierung und Bürgerbeteiligung miteinander zu verschmelzen. „Wir haben uns auf die Suche gemacht und geschaut, was es bei anderen Kommunen so gibt“, beschreibt Alexander Tober, Sachbearbeiter Digitalisierung bei der Stadt Erkelenz, die ersten Schritte. „Dabei hatten wir das Konzept eines Beirates schon im Kopf und betrieben etwas Recherche.“ Das Ergebnis: Gremien, von denen man sich etwas abgucken konnte, waren rar gesät. Und diejenigen, die es schon gab, in Rostock etwa oder beim Land NRW, entsprachen nicht den Vorstellungen der Stadt Erkelenz. „Sie waren entweder sehr wissenschaftlich oder sehr wirtschaftlich geprägt“, führt Tober aus.

Digitale Personalakte in der Privatwirtschaft

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Digitalbeirat aus 11 Personen politisch legitimiert

Die Idee: Ein Gremium, bestehend aus 11 Personen – konkret 5 Geschäftsleuten, 5 Bürgerinnen und Bürgern und einer Fachkraft der Stadt. „Das ist kein Beschlussgremium, aber für Ideen, die man an die Verwaltung weitergeben möchte, braucht man ein Gremium, das mit einer Mehrheit abstimmen kann“, erklärt Alexander Tober. Das beratende Gremium wurde schließlich auch politisch legitimiert, im Digitalausschuss vorgestellt und am Ende per Ratsbeschluss bestätigt. Verabredet wurden vierteljährliche Treffen bei dauerhafter Online-Zusammenarbeit, um in Kontakt zu bleiben und bei Problemen schnell reagieren zu können. Die Laufzeit wurde zunächst auf 24 Monate begrenzt, die nach Evaluation verlängert werden kann.

Große Resonanz auf öffentliche Ausschreibung des Digitalbeirats

„Am Tag nach der öffentlichen Ausschreibung sind uns die Leute die Bude eingerannt“, sagt Alexander Tober über die Resonanz aus der Bevölkerung. Bewerbungen konnten über das Online-Bewerbungsportal der Stadt eingereicht werden. Für Aufmerksamkeit sorgte die Stadt auf ihren PR-Kanälen, aber auch in der lokalen Presse. „Am Ende waren es 67 verwertbare Bewerbungen für die fünf Plätze“, so Tober weiter. „Das hat uns gezeigt, dass großes Interesse am Digitalbeirat und an kommunaler Mitgestaltung besteht.“ Um ergänzend fünf geeignete Gewerbetreibende für den Beirat zu finden, arbeitete man eng mit der Wirtschaftsförderung zusammen und holte sich bei Gewerbevereinen Tipps, welche Mitglieder sich für ein solches Gremium interessieren könnten. Abgerundet wurde das Team durch die Nummer 11 im Bunde, den Bürgermeister bzw. eine als Vertretung von ihm berufene Person aus der Stadtverwaltung.

Stadtgesellschaft facettenreich und politikfrei abbilden

Die Auswahl der Bürgerinnen und Bürger geschah auf der Basis zuvor erstellter Personas. Da gab es den „Nerd“ mit extremem IT-Bezug, die „Engagierte“ aus dem Vereinsleben, den „jungen Wilden“ bis 30 Jahre oder den bereits aus dem Berufsleben ausgeschiedenen „Oldie“. Das Ziel: Die Stadtgesellschaft in dem Gremium möglichst facettenreich und politikfrei abzubilden. Die erste Sitzung des Digitalbeirats fand im Dezember 2021 mitten in der Corona-Pandemie statt. Online natürlich. Zum Kennenlernen. Und um die Zusammenarbeit zu regeln und das Ziel vorzustellen: das gemeinsame Erarbeiten einer Digitalstrategie.

Beirat erarbeitet Vision, Handlungsfelder und Umsetzungsprojekte

Zunächst stand der Entwurf einer übergeordneten digitalen Vision für die Stadt Erkelenz auf dem Programm. Es folgten die Definition der Handlungsfelder und die Bestimmung konkreter Umsetzungsprojekte. So beschäftigte sich der Beirat zunächst in zwei Gruppen mit der Frage: Wie soll Erkelenz in zehn Jahren aussehen? „Am Ende standen fünf Vision-Statements, die wir gemeinsam digital und online in unserem Kollaborations-Tool feingeschliffen haben. Erst dann haben wir sie im Digitalausschuss und beim Verwaltungsvorstand vorgetragen“, beschreibt Sebastian Bohmann das Procedere.

Digitale Visionen unabhängig von ihrer zeitlichen Machbarkeit

Eine der Visionen etwa lautet: Die Stadt soll Verwaltungsdienstleistungen proaktiv anbieten. Das bedeutet: Die Bürger sollen sie nicht jedes Mal von sich beantragen müssen. „Wir wissen vielleicht selbst, dass das in 10 Jahren möglicherweise nicht so sein wird“, führt Bohmann aus, „aber es ist trotzdem unsere Vision und leitet uns in unserem Handeln.“ Es folgen die Handlungsfelder. Jedes Mitglied durfte eines definieren und es anschließend gemeinsam mit den anderen bearbeiten. Jede:r durfte Ergänzungen zu jedem Thema liefern. Ein Beispiel von insgesamt 9 Handlungsfeldern: die Vernetzung von Mobilitätsangeboten. Das Ergebnis: Der Strategieentwurf aus Vision und Handlungsfeldern wurde in die politischen Gremien gegeben und ohne jede Anpassung akzeptiert.

Digitalisierungsstrategie: Impulse von außen sorgen für neue Idee

Bleibt der dritte wichtige Pfeiler, die Roadmap mit der Priorisierung der Umsetzung bereits ausgearbeiteter Maßnahmen. „Das ist der dynamische Teil der Strategie, der niemals enden wird“, prognostiziert Sebastian Bohmann. Um hier immer wieder für neue Ideen zu sorgen, lädt die Stadt Erkelenz gern auch Externe in ihren Digitalbeirat ein, die einen kurzen Impuls geben. „Im Anschluss gehen wir in die Beratung und schauen, ob wir irgendeine Projektidee herausfiltern können“, führt der CDO aus.

Am Ende waren es 67 verwertbare Bewerbungen für die fünf Plätze. Das hat uns gezeigt, dass großes Interesse am Digitalbeirat und an kommunaler Mitgestaltung besteht.

Alexander Tober
Sachbearbeiter Digitalisierung
Stadt Erkelenz

Digitalbeirat ist schonungslos in seinem Feedback

Der Digitalbeirat kommt außerdem noch in anderen Feldern zum Einsatz. So wird er laufend beteiligt beim Re-Design des bestehenden Internetangebots oder gibt Feedback zu neuen Online-Diensten und Applikationen. „Das Gute ist: sie sind schonungslos“, weiß Bohmann. „Deshalb machen sie an dieser Stelle auch einen sehr guten Job.“

Positives Fazit nach 24 Monaten in Erkelenz

Entsprechend positiv fällt das Fazit der Stadt Erkelenz aus: Ein Digitalbeirat lohnt sich. „Für alle, die vorhaben, die Bürgerinnen und Bürger eng an der eigenen Strategieentwicklung teilhaben zu lassen, taugt das absolut, weil es ein längerer Prozess ist, der einen größeren Blick auf das Thema braucht“, resümiert Sebastian Bohmann. Ein Digitalbeirat aber sei auch mit Arbeit verbunden. „Das sind 11 Menschen, hinter denen ein gewisser koordinativer Aufwand steckt“, erklärt Bohmann.

Digitalbeirat mit Zukunft: Ausprobieren und nachmachen

Dennoch empfiehlt er allen Kommunen: „Ausprobieren und nachmachen.“ Die Stadt Erkelenz jedenfalls wird ihre „Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin am großen Themenkomplex Digitalisierung beteiligen.“ Ob das allerdings in der bewährten oder in einer leicht abgeänderten Form sein werde, stehe noch nicht fest, blickt Sebastian Bohmann voraus. „Derzeit befinden wir uns in der Auswertungsphase.“ Dass es aber weitergeht mit einer gelebten Bürgerbeteiligung, daran hat in Erkelenz wohl niemand Zweifel.

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